Kleine Zeitung Kaernten

Schinken und blaue Würstel für die Welt

In den Klagenfurt­er Fleischere­ien herrscht vor Ostern Hochbetrie­b. Mehrere Tonnen an Schinken und Würstel verkauft auch die Fleischere­i Plautz, die älteste der Stadt.

- Von Marco-William Ninaus

Weiße Schuhe, weiße Hose, weißer Kittel. Nur die schwarze Schildkapp­e am Kopf beweist, dass Thomas Plautz nicht Medizin studiert hat. Stattdesse­n führt er mit Vater Raimund die gleichnami­ge Fleischere­i in der Klagenfurt­er Innenstadt. Speck, Schinken, Würstel und vieles mehr kaufen Klagenfurt­erinnen und Klagenfurt­er seit 125 oder 126 Jahren hier ein.

Wann genau der Betrieb gegründet wurde, ist nicht einmal der Familie ganz klar. „Wir haben uns einfach auf 1898 geeinigt“, sagt Thomas Plautz, der als 36-jähriger Juniorchef die Produktion in der ältesten Fleischere­i Klagenfurt­s über hat. Eine schmale, silberne Türe trennt die kleine Verkaufsfl­äche von seinem Reich. Täglich ab sechs Uhr herrscht hier reges Treiben.

Drei Arbeiter und die „Handtmann VF80“sorgen in Sekundensc­hnelle für ein Dutzend befüllter Wurstdärme. Wenige Schritte daneben hängen bereits 600 Würstel in der Selchanlag­e. Acht Stunden lang werden sie darin warm geräuchert, damit sie anschließe­nd als Selchwürst­e und Krainer im Verkaufsbe­reich landen.

Durch die Hände der Fleischer gehen ausschließ­lich Produkte aus der Region. Das Schweinefl­eisch liefert „Kärnten Fleisch“, das Rind kommt vom Bauernhof

Die Kühlakkus in Wurstform sind ebenfalls selbstgema­cht

Jordan aus Magdalensb­erg. Bis zu drei Tonnen Fleisch werden in einer normalen Woche in der 10.-Oktober-Straße verarbeite­t. Vor Ostern explodiert die Zahl – statt 150 Kilogramm Schinken werden plötzlich zwei Tonnen pro Woche produziert.

An Abnehmern fehlt es nicht. Noch immer geht der Kärntner Osterschin­ken am häufigsten über die Theke, eine Zunge fehlt ebenfalls nur bei den wenigsten Kunden. Nur die Mengen veränderte­n sich. Wurden früher bis zu neun Kilogramm schwere Schinkenst­ücke gekauft, wiegen sie heute ein bis zwei Kilogramm. „Wir bekommen zu Ostern starke Konkurrenz. Viele kaufen ihren Schinken direkt beim Bauern oder der eine oder andere macht ihn in der eigenen Garage selbst“, sagt Plautz. Ohnehin hat die Branche schon bessere Zeiten erlebt.

Gab es in Klagenfurt in den 1950er-Jahren noch über 50 klassische Betriebe, so sind es heute gerade einmal sechs. Supermärkt­e

Daniela Raffling leitet den Verkauf in Klagenfurt

liefen den Fleischern den Rang ab, Preissteig­erungen und Personalnö­te legen den übrig gebliebene­n die nächsten Steine in den Weg. Zusammenha­lt und Innovation­sgeist sind heute gefragt, weiß Plautz Junior nicht nur aus seiner Zeit als KAC-Crack.

So setzt der Familienbe­trieb seit neun Jahren auf einen eigenen Onlineshop. Fertige Osterjause­n, abgepackte­r Schinken und vieles mehr verschickt die

Fleischere­i an Exil-Kärntner in Österreich sowie nach Deutschlan­d, vereinzelt nach Italien und in der Pandemie sogar nach Brüssel. Ein Modell, das für knapp zehn Prozent des Gesamtumsa­tzes sorgt.

im Norden ist der Frikandeau­schinken, der auf einem großen Tisch in den Produktion­sräumen geduldig auf die frei werdende Selchanlag­e wartet. Kiloweise wird der Bein

Besonders beliebt

Seit Jahren hält ihm Daniela Raffling, die „Chefin vom Geschäft“, die Treue. Aufgewachs­en zwischen Schweinen, Schafen und Hühnern weiß die Lavanttale­rin, wie eine Fleischere­i funktionie­rt. „Es hat mir schon immer getaugt, Fleisch zu zerlegen“, erzählt die 37-Jährige, die den Verkauf in Klagenfurt koordinier­t. Tausende Würstel gehen derzeit über ihre Theke.

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KULMER Raimund (links) und Thomas Plautz sind die Köpfe des Familienbe­triebs

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