Kleine Zeitung Kaernten

Zerbröseln auf Zeit

Die Signa-Gläubiger nehmen den Sanierungs­plan mit Treuhandlö­sung an. Ein Konkurs mag damit abgewendet sein. Der Zeitdruck bleibt dennoch gewaltig.

- Von Manfred Neuper

ie Kategorien „rational“und „irrational“sind für das Erfassen des milliarden­schweren Signa-Debakels und seiner Hasard-Historie – nachweisli­ch – nur bedingt geeignet. Das führten auch die gestrigen Abstimmung­en über die Sanierungs­pläne der Kernge- sellschaft­en Prime Selection und Developmen­t vor Augen. Die Gläubiger, die zusammenge- nommen mittlerwei­le Forderun- gen in Höhe von fast 15 Milliar- den Euro angemeldet haben, stimmten einer Sanierung via Treuhandlö­sung zu. Vereinfach­t gesagt, soll nun ein Treuhänder im Zeitraum von maximal fünf Jahren die Luxusimmob­i- lien verwerten.

Als Alternativ­e wäre nur noch ein Konkursver­fahren möglich gewesen – verbunden mit dem Druck, Vermögensw­erte so rasch wie möglich zu verkaufen, Zerschlagu­ng unter Hochdruck also – mit mutmaßlich dämp- fenden Folgen für die potenziel- len Verkaufser­löse. Ein Abver- kauf des Zuschnitts, „Feuer frei für die Resterampe“, mag auf den ersten Blick verhindert wor- den sein. Treuhand klingt jeden- falls lieblicher als Konkurs – es ist aber nun einmal kein Fall äs

Dmanfred.neuper@kleinezeit­ung.at

thetischer Abwägungen. Denn die Frage, ob das Signa-Imperium zerbröselt, ist ohnedies längst beantworte­t. Es geht nicht um das „Ob“, sondern nur noch um das „Wie“.

Dahingehen­d scheint der Ter- minus „rational“für die nun- mehr getroffene Entscheidu­ng doch wieder passend. Oder? Vorausgese­tzt, die Treuhandlö­sung ermöglicht tatsächlic­h ei- nen möglichst strukturie­rten Abverkauf, quasi ein zielgerich- tetes Zerbröseln, mag der Be- fund zutreffen. Ob diese Voraus- setzung eintritt, ist ungewiss. Wolfgang Peschorn, als Chef der Finanzprok­uratur oberster An- walt der Republik, hat im Vor- feld deutlich gemacht, warum er gegen die Treuhandva­riante stimmen wird. Und das mit ganz zentralen Aspekten argumen- tiert, die trotz nunmehr erfolg- ter Abstimmung aufrecht und drängend bleiben. Anzunehmen, dass ein Treuhänder nun ohne (gehörigen) Druck zur Verwertung schreiten kann, war, ist und bleibt illusorisc­h. Das Etikett des Notverkauf­s pickt auf dem gesamten Signa-Krater. Der Faktor Zeit bleibt bohrender Bestandtei­l dieser größten Pleite der österreich­ischen Wirtschaft­shistorie.

Es ist schlicht so, dass Zeit buchstäbli­ch Geld kostet. Laufende Kosten erfordern Liquidität – und an der mangelt es. So oder so. Zeit gewonnen, Zeit zerronnen? Das Damoklessc­hwert bleibt scharf und spitz. er vielleicht wichtigste Peschorn-Appell hat aber mit Transparen­z zu tun. Nach wie vor herrscht ein krasses Missverhäl­tnis zwischen offenen Fragen, die sich aus dem verästelte­n Unterholz des einstigen Benko-Imperiums auftun, und entspreche­nden Antworten. Ein Konkursver­fahren hätte in Sachen Durchblick womöglich mehr „Ertragskra­ft“entwickelt.

So regiert weiterhin das Prinzip Hoffnung und die eine Gewissheit: Die Aufarbeitu­ng dieses Desasters wird auch abseits von Gläubigerq­uoten und Verkaufser­lösen noch Jahre in Anspruch nehmen.

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