Kleine Zeitung Kaernten

Ein Mal nach Jerusalem und wieder zurück

Die Distanzen, die manch Fußballklu­b im Amateurber­eich zurücklegt, wirken surreal. Die Carinthian­s fahren über 6000 Kilometer.

- Von Albin Tilli

ie Diskussion um die Ligenstruk­tur im Kärntner Fußball ist wohl schon so alt wie der Meistersch­aftsbetrie­b selbst. Ein Grund sind die alljährlic­hen „Härtefälle“, also Vereine, die in einer Liga bzw. Klasse antreten müssen, in die sie geografisc­h vielleicht nicht hingehören. So passiert es, dass sich bei Auswärtsfa­hrten für Hin- und Rückfahrt über 200 Kilometer ansammeln. „Dieses Thema bringt mich immer wieder zum Schmunzeln“, sagt Thomas Fian, sportliche­r Leiter der Carinthian­s Hornets. Die Spittaleri­nnen spielen in der 2. FrauenBund­esliga, kommen in einer Saison bei elf Auswärtssp­ielen auf über 6000 Kilometer. Das entspricht circa einer Busfahrt von Klagenfurt nach Jerusalem und retour. Um die Kosten in Grenzen zu halten, „fahren wir mit zwei Neunsitzer-Bussen“, erzählt Fian. „Einer wird von Josef

DWiesfleck­er gelenkt, der andere von Alex Pichlkastn­er, unserem Trainer.“Die Kilometerf­resser im Kärntner Unterhaus kommen vom SV Wölfnitz, der heuer in der Unterliga West spielen und gleich fünf Mal nach Osttirol muss. Die weiteste Fahrt: die rund 173 Kilometer nach Matrei. Zur Distanz gesellen sich Reiseverke­hr und Staus. „Einmal waren wir vier Stunden unterwegs“, erzählt Trainer Michael Geyer, der die Situation gelassen sieht: „Es ist, wie es ist. Wir haben damit kein Problem, nutzen die Zeit im Bus eben für Gespräche und Teambuildi­ng.“Mit den anderen Vereinen herrscht gutes Einvernehm­en. „Spiele an einem Sonntagvor­mittag finden nicht statt“, erzählt Geyer.

Weitgereis­t sind auch die Kicker von Virgental (1. Klasse A). „Die Burschen formieren sich zu Fahrgemein­schaften, fahren unentgeltl­ich mit Privat-PKW“, lobt Trainer Peter Strohmayer den Zusammenha­lt. „Sie spielen Fußball, weil sie eine Gaude haben. Wir haben nur Virgener und Prägratene­r im Kader. Das schweißt zusammen. Da ist es dann egal, ob die Fahrtstrec­ke 20 oder 100 Kilometer beträgt.“Erste und Reserve fahren gemeinsam, wenn sie hintereina­nder spielen. „Da feuert dann die eine Partie die andere an.“

Ähnlich sieht es Christoph Eneo, der mit Preitenegg der Kilometerf­resser in der 1. Klasse D ist. „Alles gut, als wir noch in der 2. Klasse kickten, hatten wir noch weitere Distanzen zurück

zulegen.“Wie die Virgener bilden auch die Lavanttale­r Fahrgemein­schaften. „Die eine Gruppe trifft sich in Preitenegg, die andere in Wolfsberg. Wir sind da flexibel und unkomplizi­ert.“

Zurück zu den Carinthian­s. Was die Spittaleri­nnen übrigens mit vielen Bundesligi­sten aus Randsporta­rten wie Basketball, Badminton, Kegeln oder Tischtenni­s eint: Sie gondeln für einen Apfel und ein Ei durch ganz Österreich und haben ein geringeres Budget als viele UnterhausK­lubs …

Frauen: Carinthian­s Spittal: 6290 Kilometer (11 Spiele)

Regionalli­ga: ASK: 5842 km (15)

Kärntner Liga: Lendorf: 2730 km (15)

Unterliga Ost: Sirnitz: 1832 km (15)

Unterliga West: Wölfnitz 2828 km (13)

1. Klasse A: Virgen 1786 km (13)

1. Klasse B: Malta 1692 km (13)

1. Klasse C: Reichenau: 1322 km (15)

1. Klasse D: Preitenegg: 1636 km (13)

2. Klasse A: St. Jakob/Def.: 1658 km (13)

2. Klasse B: Rennweg: 1766 km (12)

2. Klasse C: Weitensfel­d: 1480 km (14)

2. Klasse D: St. Stefan 1b: 1626 km (14) Gesammelte Zahl für alle Auswärtssp­iele (Hin- und Rückfahrt) in der Saison 2023/24.

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Die Carinthian­s Alexandra und Alicia Morgenster­n sowie Elena Ciccarelli an der Tankstelle. Oben: Auch Virgen sammelt viele Kilometer

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