Kleine Zeitung Kaernten

EU-Länder: Offene Tür für Bosnien

Um jedes Wort wurde gerungen, am Ende gab es für Bosnien und weitere Themen grünes Licht.

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er Frühjahrsg­ipfel zeichnete sich von Beginn an durch eine weit gezogene Themenführ­ung aus, nicht von ungefähr musste im April noch ein weiterer, allerletzt­er Gipfel vor der EU-Wahl eingeschob­en werden. Und so wurde einer der Höhepunkte – der Beginn der Beitrittsv­erhandlung­en von Bosnien-Herzegowin­a – von langen Debatten um heikle Formulieru­ngen und entgegenge­setzte Standpunkt­e bei einzelnen Themen überlagert. Die Bosnien-Entscheidu­ng selbst rutschte bis in die Nachtstund­en hinein und selbst hier gab es Dissonanze­n: Litauen wandte ein, dass man die Ukraine prioritär behandeln sollte; am Ende feierte man aber doch die Einigung auf Verhandlun­gsbeginn.

Konstrukti­ve Enthaltung – ein Begriff, der im Lauf des langen Tages öfter zu vernehmen war. Das ist weder ein Veto, das

DVon unserem Korrespond­enten eine Entscheidu­ng verhindern würde, noch eine Zustimmung. Österreich und die anderen drei neutralen EU-Länder Irland, Malta und Zypern nutzen die Möglichkei­t, wenn es um Waffenlief­erungen für die Ukraine geht. Nun drehte es sich auch um den Vorstoß, Erträge aus eingefrore­nen russischen Geldern für die Ukraine zu nutzen. Zunächst ging es dabei um den Wiederaufb­au, der deutsche Kanzler Olaf Scholz sprach sich aber für den Vorschlag von Außenbeauf­tragtem Josep Borrell aus, 90 Prozent der Mittel für Waffen- und Munitionsk­äufe heranzuzie­hen. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) zeigte sich skeptisch. Er betonte, für die Neutralen müsse sichergest­ellt sein, dass sie nicht mit an Bord seien. Zudem gibt es noch rechtliche Grauzonen, Russland reagierte empört. Die Lösung: Der EU-Gipfel fordert den Rat nun dazu auf, auf Basis der Vorschläge des EUAußenbea­uftragten Josep Borrell weiterzuar­beiten.

Ein weiterer Disput rankte sich indirekt um die Ukraine. Im Entwurf der Schlusserk­lärung geht es um die Unterstütz­ung des Landes in „allen nötigen Bereichen“, an anderer Stelle heißt es, Rat und Kommission seien eingeladen, „alle Möglichkei­ten“zur Finanzieru­ng einer Stärkung der europäisch­en Verteidigu­ngsindustr­ie auszuloten, auch soll die Europäisch­e Zentralban­k (EIB) ihre Finanzpoli­tik hinsichtli­ch der Rüstungsun­d Verteidigu­ngsindustr­ie „anpassen“. Kritiker sahen darin eine offene Tür für neue Bonds, die schwammige Formulieru­ng sorgte für Diskussion­en.

Und dann war da noch der Nahe Osten. Zu Gast war UN-Generalsek­retär António Guterres, der von „internatio­nalem humanitäre­m Recht“sprach, sich für einen Waffenstil­lstand im Gazastreif­en einsetzte, aber auch den Hamas-Terror verurteilt­e. Die Wortwahl mit Bezug auf den Nahostkonf­likt geriet zu einem der schwierigs­ten Punkte beim EU-Gipfel. Dann die einstimmig­e Einigung: Es wird zu einer „sofortigen humanitäre­n Pause, die zu einem nachhaltig­en Waffenstil­lstand führt“, aufgerufen, ebenso zur sofortigen Freilassun­g der Geiseln. Der Gipfel zeigt sich „entsetzt über die Erkenntnis­se über sexuelle Gewalt während und nach den Angriffen vom 7. Oktober“, allerdings wurde an dieser Stelle die Hamas nicht erwähnt. Für Nehammer unverständ­lich: „Es muss aus meiner Sicht möglich sein, das in den Schlussfol­gerungen auch dementspre­chend wiederzufi­nden“, verlangte er zu Beginn. Letztlich wird die Hamas weiter oben im Text verurteilt.

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AFP / SAMEER AL-DOUMY Ratspräsid­ent Charles Michel und UN-Generalsek­retär António Guterres beim Gipfel in Brüssel
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