Körpersprache ist nicht immer ehrlich
Die Kunst der sozialen Kompetenz liegt oft im richtigen Lächeln zur richtigen Zeit.
ie Kollegin kommt mit hängenden Schultern aus dem Chefbüro raus, da rattert es sofort in unserer Birne. Hat sie schlechte Nachrichten erhalten? Der Mann kommt freudestrahlend vom Männer- abend heim, da ist natürlich Skepsis angebracht für die routinierte Ehefrau. Ein Blick, die Mundmimik oder eine Körperhaltung löst in unserem Gehirn sofort eine Einord- nung aus. Aber sind solche Einordnungen immer verlässlich? Ist die Körpersprache immer ehrlich? Kurze Antwort: Ja, aber! Nur im Kleinkindalter. Dann nämlich sind die frontalen Stirnlappen noch nicht voll entwickelt. Somit ist es dem Kind nicht möglich, seine Gefühle zu unterdrücken oder zu überspielen.
Sind wir diesem Alter entwachsen, können wir das sehr, sehr gut. Und wissen Sie was? Es ist auch gut so. Denn manchmal ist es für uns von Vorteil, unsere Gefühle nicht direkt nach außen zu zeigen. Wenn der Chef kommt, muss man den Kleinkrieg mit dem Kollegen nicht direkt offen austragen. Man gibt sich freundlich und entspannt. Warum? Weil der Streit ein
Dnachhaltig schlechtes Bild auf einen selbst werfen würde. Und wir können eben abschätzen, dass die Folgen davon mehr Energie kosten, als den Kleinstreit vorerst zu überspielen. Es läutet an der Türe? Der Nachbar muss nicht am Gesicht ablesen, dass der Partner gerade nicht verstehen will, dass er im Unrecht ist. Und Eltern wissen, wie schnell sie ihre Mimik und Gestik verändern, um vor den Kindern den Ehestreit nicht lauthals auszutragen. Wir können alle unsere Körpersprache so weit kontrollieren, dass man nach außen anders wirkt, als man sich innerlich fühlt. Eine hohe soziale Fähigkeit.
Ja, es muss Momente in unserem Leben geben, wo wir Ärger, Frust und Trauer auch ausleben können. Manchmal hilft es, diesen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Allerdings: Das unselektiv zu machen und sich damit besonders „authentisch“vorzukommen, ist ein Zeichen von mangelnder Empathie.
Wir sind nicht verpflichtet, jeden Menschen an unserem Ärger teilhaben zu lassen. Das gilt auch für die Körpersprache.
ist Körpersprache-Experte