Faszination des Codes
Bei der Lektüre des Wissenschaftsthrillers des österreichischen Journalisten Reinhard Kleindl denkt man unwillkürlich an Dan Brown oder Marc Elsberg: Hier geht es um die Faszination von Zahlencodes und Mathematik, doch keine Angst – es sind keine besonderen Vorkenntnisse nötig, um der packenden Handlung zu folgen. Der Ausgangspunkt ist dramatisch: Kein Verschlüsselungsverfahren der Welt wäre mehr sicher, würde der „Chaoscode“entziffert werden. Ein Ex-Geheimdienstmann und eine Investigativjournalistin, junge Nerds und ein alter Wissenschaftler sind auf der Jagd nach der Lösung des gefährlichen Rätsels. Die führt von London, wo sich ein junger GeheimdienstMitarbeiter in den Tod stürzt, über eine Zeitungsredaktion in Wien bis nach Laos in Nigeria.
KP
ie ganze moderne amerikanische Literatur stammt von einem Buch von Mark Twain ab, das ‚Huckleberry Finn‘ heißt. Davor gab es nichts. Und seither hat es nichts so Gutes gegeben.“Diese etwas allzu dick aufgetragene Lobpreisung von Ernest Hemingway gilt einem Buch, das 1884 als „Zwillingsroman“zu „Tom Sawyer“erschienen ist und bis heute in der Beurteilung zwischen Jugendbuch, Erwachsenenlektüre und Abenteuerroman changiert. Mit dem Sklaven Jim hat Twain eine rührende Romanfigur geschaffen. Und genau
Dhier beginnt die Problematik: Obwohl der Roman voller Gesellschaftskritik, vor allem am systemischen Rassismus, steckt, zeichnet Twain – eigentlich Samuel Langhorne Clemens – den Sklaven Jim als ziemlich einfältigen Charakter. Das macht den Roman für afroamerikanische Leser bis heute zur Herausforderung, ja Zumutung. ber Jim spielt nur den Dummen! „Sklavenfilter“nennt er das. In Wahrheit ist Jim, der eigentlich James heißt, gebildet, kann lesen und bringt es auch den anderen Sklaven bei – natürlich im Geheimen. Denn nur wenn sich die Weißen nicht unterlegen fühlen, haben
Aes die Schwarzen einigermaßen gut. In seinen Träumen führt James übrigens hitzige Streitgespräche mit Voltaire über die Errungenschaften, aber auch das Versagen der Aufklärung.
Was wie eine absurde literarische Schubumkehr klingt, ist der ebenso subversive wie geniale Schachzug des US-Schriftstellers Pervical Everett, der die berühmte Geschichte von Huckleberry Finn neu erzählt, diesmal allerdings aus der Sicht des Sklaven Jim. „James“heißt dieses Meisterwerk von Roman,
Percival Everett erzählt den amerikanischen Kultroman „Huckleberry Finn“von Mark Twain neu – diesmal aus der Sicht des Sklaven Jim. Eine Provokation, ein Wagnis, ein genialer Schachzug!
wir machten. Und kamen nicht weit. ‚Stopp! Stoopp! Da stimmt wieder kein Wort! Gar nichts! Schon der Ansatz nicht! Und ich sehe auch überhaupt keine Biografie!‘ (...) Jetzt wandte sie sich an Ulrich Matthes: ‚Und du, Uli? Siehst du da eine Biografie?‘ - ‚Nein, Andrea‘, sagte Uli, ‚ich sehe da auch keine Biografie‘.“Bei der Chefin der Berliner Schaubühne hatte Hartmann kein Glück, ein paar Jahre später landete er unter der Intendanz von Thomas Ostermeier doch dort. Hartmann erzählt auch von seinen gehörlosen Großeltern in der NS-Diktatur, von Demenzerkrankung und Tod seines Vaters, vom Familienalltag mit seiner Frau und den drei Kindern oder von den Besuchen bei einem sterbenskranken „Tatort“-Fan. Wie er das macht, ergibt einen mitreißenden Bewusstseinsstrom über Anfang und Ende und alles, was dazwischen Lärm macht – das Leben.