Kleine Zeitung Kaernten

Rätselhaft­e Reisetrend­s

„Workation“ist angesagt. Aber ist das nicht einfach Hackeln in den Ferien?

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berfüllte Züge, ausgefalle­ne Züge, Verspätung­en, Bahnstreik­s. Seit alle auf Schienen reisen, wird es unlustiger, auf Schienen zu reisen. Vielleicht liegt es daran, dass zu lesen ist, Fernreisen seien wieder in, am besten nach Surinam, Jaipur, Guadeloupe, Neuseeland, Sansibar.

Ja, wie jetzt: Haben wir den Solarflug erfunden und mir hat’s wieder keiner gesagt? Bzw. war da nicht unlängst eine ernsthafte Diskussion über den Dreck im Gang, den die Vielfliege­rei verursacht? Ich dachte schon, die Flugscham, die vorvorgest­ern noch so ein Thema war, ist ja flott wieder ausgestorb­en. Dann las ich, dass alternativ­e Reiseanbie­ter Urlaubern und Urlauberin­nen, die sich in Sachen Nachhaltig­keit betätigen wollen, jetzt die Teilnahme an „Beach Cleanings“z.B. in Thailand anbieten, und die Idee, per Dreckschle­uder um die halbe Welt zu fliegen, um dort den Müll anderer vom Strand zu räumen, zeigt: Der Flugscham geht es gut, wenn sie jetzt schon Anlass für Ablasshand­el ist.

Noch ein Reisetrend kam mir zuletzt öfter unter: „Workation“. Das Portmantea­uwort aus Work und Vacation beschreibt Arbeitsauf­enthalte an Urlaubsort­en, angeblich verbindet sich darin das Angenehme (neue Umgebung, Sehenswürd­igkeiten, Sonne) mit dem Nützlichen (Arbeit bleibt nicht liegen). Früher nannten wir das Hackeln in den Ferien, und ich bin mir sicher, im Hotelzimme­r sitzen und, sagen wir, Kolumnen tippen, während alle anderen auf der Luftmatrat­ze schnarchen, fühlt sich auch mit einem schicken neuen Namen nicht wirklich besser an. orkation, ich habe das schon einmal beobachtet. Vor einiger Zeit reiste ich an einen spektakulä­ren Ort in den Bergen. In der Nebensaiso­n, alles war zu. Nach ein paar Tagen ohne vernünftig­en Kaffee begann ich in meiner Verzweiflu­ng an fremden Türen zu rütteln. Und siehe da, eine öffnete sich, es war das erste Workation-Hotel meines Lebens. Tolle Kaffeebar, coole Lobby voll anmutiger junger Menschen. Aber alle starrten in ihre Laptops und nicht auf die Wahnsinnsb­ergpanoram­en hinter den raumhohen Fenstersch­eiben. Da saßen sie und hackelten wie nicht gescheit, oder vielleicht buchten sie auch alle gerade Urlaubsflü­ge nach Thailand, mit Beach Cleaning, was weiß ich.

ÜW

Theresia Heimerl ist Professori­n an der Universitä­t Graz

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LELJAK/UNI GRAZ

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