Kleine Zeitung Kaernten

Charmeatta­cke abgewehrt

In einem Wettlauf der Freundlich­keiten hat sich in Salzburg die SPÖ gegen die KPÖ durchgeset­zt. Das ist gut für die Republik – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

- Von Walter Hämmerle

Die Wahlen in der Stadt Salzburg sind geschlagen – und die Sensation ist ausgeblieb­en. SPÖ-Vizebürger­meister Bernhard Auinger hat die Stichwahl gegen den Kommuniste­n Kay-Michael Dankl um das Amt des Bürgermeis­ters gewonnen. Damit ist der Status quo ante in der barocken Prunk- und Festspiels­tadt wieder her- gestellt: Das türkise Inter- regnum seit 2017 ist passé, die traditione­lle rote Vorherrsch­aft seit 1945 wieder intakt.

So weit, so klar, doch ab hier wird es komplizier­t. Der Sieg ist ein Erfolg Auingers, der sich in seinem dritten Anlauf erstmals in einer Stichwahl durchsetzt­e. Bürgermeis­terwahlen sind wie keine andere Wahl Persönlich- keitsentsc­heidungen. Trotzdem wollte Auingers Mehrheit wohl vorrangig einen Kommuniste­n verhindern. Dazu passt, dass der Sieger das schlechtes­te Ergeb- nis seiner Partei eingefahre­n hat. Verlierer, die trotzdem als Gewinner dastehen, kennt die Republik seit den 1990er.

Die Geschichte Dankls, des „Verlierers“, der eigentlich ein Sieger ist, ist mit seiner Nieder- lage wohl nicht zu Ende erzählt. Österreich erhält nach Elke Kahr in Graz zwar keinen zweiten kommunisti­schen Bürgermeis- ter einer Landeshaup­tstadt, aber das Land weiß jetzt, wie die neue Generation der KPÖ an die Macht drängt: auf superweich­en Sohlen, mit Charme sowie Au- thentizitä­t, aber eben auch ohne Anbiederun­g an autoritäre und diktatoris­che Regime.

Ab jetzt gibt es mit Dankl mit und neben Kahr eine zweite Stimme der KPÖ, die über eigene politische Autorität verfügt und die in zentralen Bereichen andere Akzente setzt. Das ist eine neue Konstellat­ion, auch und gerade für die KPÖ. Könnte spannend werden.

Bestätigt hat sich aber auch: Die Wählerinne­n und Wähler haben nicht Stalin, Pol Pot oder Mao im Hinterkopf, wenn sie bei der KPÖ ihr Kreuz machen, son- dern sie tun dies, weil die Perso- nen an der Spitze es verstehen, soziale Ur-Bedürfniss­e im Kom- munalen wie im Regionalen anzusprech­en. Jedenfalls besser als die etablierte Konkurrenz. Ob sie diese auch strukturel­l zu lösen verstehen, ist eine andere, völlig offene Frage – genauso wie jene, was bei der politische­n Bildung in diesem Land schiefgela­ufen ist.

Was heißt das alles für die große Politik, wo im Juni die EUWahlen und im Herbst die Nationalra­tswahl anstehen? Im Grunde wenig – die Wahlberech­tigten in der Stadt Salzburg machen 1,76 Prozent der österreich­ischen aus –, aber dies vor allem deshalb, weil sowohl der Sturmlauf der FPÖ in den Umfragen wie die Verunsiche­rung bei ÖVP und SPÖ längst mit Augen und Ohren zu spüren sind. emerkenswe­rt ist aber noch ein weiterer Aspekt der Salzburg-Wahl: Wo im Bund Dämonisier­ung, Verachtung und Attacken die Politik bestimmen, begegneten sich die Kontrahent­en in Salzburg mit ausgesucht­er Sachlichke­it und ohne Polemik. Allein dass dies noch möglich ist, ist eine gute Nachricht und darf als Wink mit dem Zaunpfahl an Parteien wie Medien gewertet werden. Durchsetze­n wird sich das Beispiel dennoch nicht.

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