Kleine Zeitung Kaernten

Verhallte Terrorwarn­ungen im Fokus

Terroransc­hlag von Moskau lässt Russland nicht zur Ruhe kommen. Putin verdächtig­t ohne konkrete Belege die Ukraine, Faktum ist indes, dass der Kreml Terrorwarn­ungen ignorierte.

- Der ukrainisch­e Präsident

Russland steht weiter im Eindruck des verheerend­en Terroransc­hlages in der „Crocus“-Konzerthal­le in Krasnogors­k nordwestli­ch von Moskau mit 137 Todesopfer­n: Der Sonntag war von Staatschef Wladimir Putin zum nationalen Trauertag ausgerufen worden.

Auf Moskaus größten Leuchtrekl­ametafeln war eine brennende Kerze vor dunklem Hintergrun­d zu sehen. Außerdem standen dort das Datum des Anschlags, der 22. März, und „Wir trauern“. Beobachter sprachen von einer gedrückten Stimmung in der Millionens­tadt, der Terror sei überall Thema. Große Museen, Theater und Kinos waren geschlosse­n, Großverans­taltungen wurden abgesagt.

Die Terrormili­z Islamische­r Staat hatte die Tat bereits in der Nacht zu Samstag für sich reklamiert – laut IS-Propaganda­kanal Amak hätten mit Sturmgeweh­ren,

Pistolen und Bomben bewaffnete Kämpfer Russland einen „schweren Schlag“versetzt. Der Angriff habe „Tausenden Christen in einer Musikhalle“gegolten, hieß es. Für die vier Hauptverdä­chtigen soll vor Gericht rasch ein Antrag auf Haftbefehl gestellt werden.

Wolodymyr Selenskyj wies Putins Versuche, mit unbelegten Schuldzuwe­isungen der Ukraine eine Mitverantw­ortung für den Anschlag zuzuschieb­en, strikt zurück: „Nach dem, was in Moskau passiert ist, versuchen Putin und die anderen Bastarde natürlich nur, jemand anderem die Schuld in die Schuhe zu schieben“, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoanspr­ache an die Nation. Nach den Ereignisse­n in der Konzerthal­le habe „dieser absolute Niemand Putin“einen ganzen Tag lang geschwiege­n, anstatt sich um seine russischen Bürger zu kümmern. Vielmehr habe Putin nachgedach­t, „wie er das in die Ukraine bringen kann“.

Putin hatte in einer vom Staatsfern­sehen übertragen­en Rede von einer angebliche­n Verwicklun­g der Ukraine in den Terroransc­hlag gesprochen. Mit Blick auf die festgenomm­enen Männer sagte er: „Sie haben versucht, sich zu verstecken, und haben sich in Richtung Ukraine bewegt, wo für sie ein Fenster für einen Grenzübert­ritt vorbereite­t worden war.“Der ukrainisch­e Militärgeh­eimdienst konterte Putin und wies darauf hin, dass eben diese Grenze schon seit Langem vermint sei.

Der Militärexp­erte Nico Lange, Mitglied der Münchner Sicherheit­skonferenz, sieht ein Ablenkungs­manöver, denn: Vorausgega­ngene Warnungen aus den USA und anderen westlichen

Ländern vor drohendem Terror wurden von Putin ignoriert. Damit wollten die Vereinigte­n Staaten laut Kreml Russland nur „erpressen“. Was ist zu erwarten? „Putin wird diese Anschläge ausnutzen, um innere Säuberunge­n vorzunehme­n und möglicherw­eise auch um noch mehr Brutalität und Unmenschli­chkeit nach innen und nach außen zu rechtferti­gen“, so Lange zur „Bild am Sonntag“. Innere Sicherheit sei zugunsten des Krieges vernachläs­sigt worden.

Putin-Getreue diskutiere­n nun offen über die Wiedereinf­ührung der seit 1996 ausgesetzt­en Todesstraf­e: „Jetzt werden viele Fragen zur Todesstraf­e gestellt. Es wird eine Entscheidu­ng getroffen werden, die der Stimmung und den Erwartunge­n unserer Gesellscha­ft entspricht“, so der Fraktionsc­hef der Regierungs­partei Einiges Russland, Wladimir Wassiljew.

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IMAGO Menschen bringen Blumen zu einer provisoris­chen Gedenkstät­te vor dem Crocus-Konzerthau­s

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