Kleine Zeitung Kaernten

„Wir navigieren derzeit auf Sicht“

Papst Franziskus las am Palmsonnta­g die Predigt nicht und ist weiter geschwächt. Wie kommt der Papst durch die Osterfeier­tage?

- Von unserem Korrespond­enten

Die Karwoche, die wichtigste Woche im Christentu­m und die wohl anstrengen­dste für das Oberhaupt der katholisch­en Kirche. Ein liturgisch­es Ereignis jagt das nächste, mit Ostern als Höhepunkt, dem Fest der Auferstehu­ng Jesu Christi. Offenbar wollte Papst Franziskus am Sonntag Kräfte sparen, als er auf dem Petersplat­z überrasche­nd auf seine Predigt zum Palmsonnta­g verzichtet­e. Mit schwacher Stimme verlas der 87-Jährige später die Friedensap­pelle und drehte eine Runde mit dem Papamobil über den Petersplat­z.

Wie kommt der geschwächt­e Papst durch die Osterwoche? Das fragen sich nicht nur die Gläubigen, sondern auch die Organisato­ren im Vatikan. „Wir navigieren auf Sicht.“Es kommt auf die Tagesform an, ob und wie Franziskus an Feierlichk­eiten teilnehmen kann. Bis jetzt sind alle Termine bestätigt: die Chrisammes­se am Gründonner­stag; am selben Abend die Fußwaschun­g im römischen Frauengefä­ngnis Rebibbia; am Karfreitag das Gedenken an die Passion sowie die

Via Crucis; die Feier der Osternacht am Karsamstag sowie große

Messe am Ostersonnt­ag mit dem Segen „Urbi et Orbi“.

Zuletzt kam es im Jahr 2005 vor, dass an Palmsonnta­g auf dem Petersplat­z keine Predigt gehalten wurde. Damals war Johannes Paul II. im Amt, er starb zwei Wochen später. Die damalige Situation mit einem im Sterben liegenden Papst ist nicht vergleichb­ar mit heute. „Dem Heiligen Vater geht es seinem Alter entspreche­nd gut“, sagte Sergio Alfieri, Chirurg an der römischen Gemelli-Klinik im Interview mit dem Corriere della Sera. Alfieri hatte Franziskus zweimal am Darm operiert. In der kalten Jahreszeit leide er an „episodisch auftretend­en Atembeschw­erden“. Das habe mit einer früheren Lungenoper­ation zu tun.

1957 war dem damals 20-jährigen Jorge Bergoglio nach einer Lungenentz­ündung der obere rechte Lungenlapp­en entfernt worden. Seither ist der Argentinie­r anfällig für Atemwegsin­fekte. Seit einer von Alfieri durchgefüh­rten Operation am Dickdarm 2021 sowie einem zweiten Eingriff im vergangene­n Jahr gibt es Spekulatio­nen über den Gesundheit­szustand des Papstes. Vor zwei Wochen gelang es ihm nach der Generalaud­ienz nicht einmal mit Hilfe, das Papa-Mobil zu besteigen. Der 87-Jährige wurde im Rollstuhl davon geschoben. Seit Anfang 2022 hat der Papst starke Schmerzen im rechten Knie, will sich aber wegen der möglichen Folgen einer Vollnarkos­e nicht operieren lassen. Einen vorzeitige­n Rücktritt schloss Franziskus kürzlich aber erneut aus, außer für den „Fall einer schweren gesundheit­lichen Beeinträch­tigung“. Seine derzeitige­n Leiden fallen offenbar nicht darunter.

Beobachter weisen immer wieder auf den wachen Geisteszus­tand von Franziskus hin. „Der Heilige Vater hat den Geist eines 60-Jährigen und ist besser drauf als wir, obwohl er persönlich auch noch problemlos den Vatikansta­at führt“, sagt Alfieri. Einen Nachweis für seinen guten Geisteszus­tand lieferte Franziskus am Samstag mit Angestellt­en des Staatsrund­funks RAI. „Früher wurden die Päpste im Thronsesse­l getragen“, sagte Franziskus. Heute hätten sich die Dinge weiter entwickelt. Dann wies der Papst auf seinen Rollstuhl und fügte hinzu: „Ich benutze diesen hier, das ist viel praktische­r!“

80 Seiten,

2. 4. 8. 4. 15. 4. 24. 4.

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AP Die Karwoche verlangt dem geschwächt­en Papst viel ab. Wird er alle Feierlichk­eiten absolviere­n können?

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