„Mein ganzer Körper hat nur noch wehgetan“
Biathletin Anna Gandler (23) gelang der Sprung an die Weltspitze. Gesundheitliche Probleme warfen die passionierte Geigenspielerin zwischendurch zurück.
Das war ein Saisonfinish par excellence. Mit einem achten, drei sechsten sowie einem fünften Rang ist Österreichs Biathlon-Ass Anna Gandler in Übersee in die Weltspitze vorgedrungen. Und das trotz ihrer „Hassliebe“: Höhenlage. „Das hätte ich mir unter diesen Voraussetzungen nie erwartet. Es war unglaublich und ich sehe, was möglich sein kann.“Unglaublich, aber wahr schien der Trip in die Heimat gewesen zu sein – eine Art Odyssee, wie die Junioren-Europaund Weltmeisterin 2020 verriet: „Ein Systemfehler beim Flieger hat die Gemüter erhitzt, da sich die stundenlange Warterei immens in die Länge gezogen hat. Wir waren so erleichtert, als wir daheim angekommen sind.“
Und das nach einer strapaziösen Saison, die Spuren hinterlassen hat. „Das merke ich extrem. Mein ganzer Körper hat nur noch wehgetan. Die letzten Rennen waren pure Kämpfe. Mein
Physio war voll mit mir beschäftigt, es kam ständig eine neue Stelle dazu“, erzählt die Tochter des ehemaligen Langläufers und Olympiasilbermedaillengewinners von Nagano 1998, Markus Gandler, die im Sommer von gesundheitlichen Problemen geplagt wurde.
in der Vorbereitungsphase kam zu allem Überfluss ungünstig. „Es war ziemlich heftig. Ich wurde völlig aus dem Trainingsrhythmus
gerissen“, sagt die Tirolerin, die anfänglich läuferisch überzeugte, dafür lag am Schießstand der Hund begraben. „Da mein Gewehr sechs Jahre alt gewesen ist, habe ich mir ein neues anfertigen lassen. Nur war die Umstellung gravierender, als ich mir gedacht habe. Drei Monate ging so gut wie nichts.“
Eine Reflektierungsperiode später fand die 23-Jährige besser in die Spur, ehe ihr die Gesundheit erneut einen Strich durch die Rechnung machte. Die größ
te Challenge sei der Kopf gewesen. „Irgendwann fängt man an, an sich selbst zu zweifeln. Ich hatte oft keine Idee, woran es liegt. Und gerade in so einer Denksportart rauszufinden, ist nicht einfach.“Nach einem Trainingslager und dem nötigen Selbstvertrauen von der WM ging es kontinuierlich aufwärts. „Jetzt muss es künftig noch mit der Konstanz funktionieren, die Schwankungen waren zu groß.“
Ausführliche Gespräche mit ihrem Vater sind nach wie vor ein wesentlicher Teil ihrer Verarbeitung. „Ich habe gelernt, nichts mehr in mich reinzufressen. Wir sind Perfektionisten und analysieren viel gemeinsam, das hilft mir“, erzählt Gandler und offenbart, dass die FluorThematik alles andere als leicht gewesen ist. „Wir hatten wirklich Pech, da wir großteils so nasse Bedingungen hatten. Das war eine Herausforderung.“
Nach einem kurzen Moment der Erholung spult die passionierte Geigenspielerin noch ein paar lockere Trainingstage in Livigno ab. Anschließend ist es an der Zeit, einmal die Seele baumeln zu lassen. Mit ihrem Liebsten, dem französischen Biathleten Emilien Claude, geht’s nach Dubai und hinterher auf die Seychellen.
Die scheinen bei Österreichs Athleten im Augenblick im Trend zu liegen, denn auch Skisprung-Gesamt-Weltcupsieger Stefan Kraft bevorzugt die malerische Inselgruppe im Indischen Ozean.