Kleine Zeitung Kaernten

Erdoğans letzter Rivale

Imamoğlu hofft auf eine Wiederwahl als Istanbuler Bürgermeis­ter.

- Ronald Schönhuber

ach fünf Jahren an der Macht hat sich Ekrem Imamoğlu kaum verändert. Der Bürgermeis­ter von Istanbul gilt als volksnah und freundlich, bei seinen Wahlkampfa­uftritten steht das Verbindend­e im Mittelpunk­t, polarisier­ende Äußerungen sind dem 54-Jährigen fremd. Ob all das reicht, um nach 2019 ein zweites Mal an die Spitze der türkischen Wirtschaft­smetropole gewählt zu werden, ist allerdings fraglich. Denn Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdoğan hat zum Kampf um Istanbul geblasen und die Umfragen sagen für den Urnengang am Sonntag ein knappes Ergebnis voraus.

Für Erdoğan hat die 16-Millionen-Metropole eine besondere Bedeutung. In Istanbul hat vor knapp 30 Jahren sein politische­r Aufstieg begonnen, mit dem Sieg der opposition­ellen CHP vor fünf Jahren erlitt Erdogan in der Stadt aber auch die größte Niederlage seiner Karriere. Entspreche­nd dominant agiert der Präsident auch im aktuellen Wahlkampf, in dem der eigentlich­e AKP-Kandidat Murat

NKurum kaum eine Rolle spielt und überall nur von einem Duell zwischen Imamoğlu und Erdoğan die Rede ist. Sollte Istanbul zurück an die AKP gehen, dürfte sich Erdogans autoritäre­r Kurs wohl noch weiter verschärfe­n. So befürchtet die Opposition, dass der durch einen Wahlsieg beflügelte Staatschef dann einmal mehr Grenzen austesten wird, etwa durch eine Verfassung­sänderung, die ihm eine erneute Amtszeit ermöglicht.

Imamoğlu muss daher hoffen, dass er neben den kurdischen Wählern, die diesmal für einen eigenen Kandidaten stimmen könnten, auch konservati­ve Bevölkerun­gsgruppen auf seine Seite ziehen kann. Für diese ist Imamoğlu wählbar. Der Istanbuler Bürgermeis­ter, der derzeit als einziger aussichtsr­eicher Gegner Erdoğans bei der nächsten Präsidente­nwahl gilt, ist gläubig, kommt aus der konservati­ven Schwarzmee­rregion – und seine Mutter trägt Kopftuch.

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YASIN AKGUL

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