Ein Aufstieg aus einfachen Verhältnissen
Seine Hartnäckigkeit könne anstrengend sein, gesteht Stefan Greimel. Sie führte den 42-Jährigen in die Chefetage der „Treibacher“.
Die Herkunft“, sagt Stefan Greimel, „prägt sicher einen Menschen“. Der NeoVorstand der Treibacher Industrie AG, einem traditionsreichen Industrieunternehmen im Besitz der Privatstiftungen der Familien Schaschl und Rauch (Fruchtsäfte), wuchs in den 1980er-Jahren in einfachsten Verhältnissen im steirischen Lassing auf. Sein Vater starb, als Stefan fünf war, seine Mutter zog ihn und seine drei älteren Halbbrüder alleine auf. Der Wechsel von der Hauptschule an die HAK und später zum Studium nach Graz war damals keineswegs vorgezeichnet, „es waren sicher nicht die leichtesten Voraussetzungen“. Heute weiß er: „Aus bescheidenen Verhältnissen zu kommen, ist eine wichtige Schule fürs Leben.“
Die Mutter war immer stolz auf ihre „Buam“, Stefan Greimels Kindheit am Land schön und unbeschwert, erinnert sich der 42-Jährige. Er war ein guter Schüler, aber auch einer, der den Aufwand „optimierte“. Vielleicht gar keine schlechte Voraussetzung für einen späteren Betriebswirt, der die Begeisterung
für Wirtschaft vom zehn Jahre älteren Bruder Herbert, der heute Geschäftsführer der Maschinenfabrik Liezen ist, „geerbt“hat. „Auch meine Brüder Ewald und Harald haben mich immer unterstützt.“Und weil das BWL-Studium offenbar so glattlief, inskribierte er parallel noch Jus und absolvierte das Studium in sieben Semestern. Das Studentenleben habe dennoch Spaß gemacht, auch wenn das Geld bisweilen knapp war und Nudeln mit Ketchup mitunter zum Speiseplan gehörten.
Zivildienst, Gerichtsjahr und Uni-Assistenz folgten, doch statt des geplanten Doktorats folgte der Einstieg in die Wirtschaft: Stefan Greimel wurde zur Energie Graz „abgeworben“, dann lockte ihn ein Headhunter nach Leoben zur AT&S, wo er fast zehn Jahre arbeitete. Als „General Counsel“verantwortete er die Rechtsabteilung, führte weltweit, ob in den USA, Japan oder China, Verhandlungen und „rutschte so immer stärker auf die Businessseite“. Die letzten zwei Jahre „pendelte“er ins Silicon Valley, wo er die Vertriebsgesellschaft von AT&S verantwortete. Alle paar Wochen flog er nach San Francisco. „Eine aufregende Aufgabe“, nennt das Greimel, „in einer extrem span
nenden Region“. AT&S habe ihn geprägt, dem Konzern fühlt er sich immer noch verbunden. Der Abschied sei extrem schwergefallen, aber zur rechten Zeit gekommen.
Denn der Grundstein für den weiteren Karriereweg, der ihn nach Kärnten führte, war gelegt: Als Geschäftsführer von Tribotecc, einem Weltmarktführer im Bereich der Metallsulfide aus Arnoldstein, übernahm Greimel erstmals die volle Verantwortung eines Geschäftsführers. Er konnte im knapp 100 Mitarbeiter starken Betrieb „unmittelbar gestalten und gleichzeitig die Hebel in der Hand halten“. Mit dem Ausscheiden von Langzeitvorstand Rainer Schmidtmayer wechselte Greimel kürzlich als Vorstand in den Mutterkonzern, die Treibacher Industrie AG. Mit „Heimvorteil“, denn „der Eigentümer konnte mir schon davor unmittelbar bei der Arbeit zusehen“. Seit einigen Jahren wohnt der überzeugte Vegetarier mit seiner Lebensgefährtin in Klagenfurt, kaufte hier ein Haus. Schmunzelnd erinnert er sich an den Einzug im Dezember. „Nach den ersten sechs Wochen hatten wir noch nichts von der Stadt gesehen, es herrschte Dauernebel.“
Heute weiß der Steirer: „Das Gesamtpaket Kärnten ist unschlagbar“, er habe „den Schritt hierher noch keine Sekunde bereut“.
Wie zuvor in Arnoldstein ist ihm auch in Althofen der Zusammenhalt des Teams besonders wichtig. „Und Visionen, klare Ziele, ich will hier etwas.“Konsequenz sei ihm wichtig. „Ja, es kann anstrengend sein mit mir“, gesteht Greimel. Doch „bei aller Härte: Es soll auch Spaß machen.“Es verwundert nicht, dass Arbeit im Leben des Neo-Vorstands einen hohen Stellenwert einnimmt. Wenngleich „Ausgleich zunehmend wichtiger wird“. Denn „nur im Tunnel zu stecken, ist nicht so gut, das verengt den Blick“. Viel brauche es nicht für Erholung, meint Greimel: „Ein gutes Buch unter dem Baum im Garten“, reiche bereits. Ein besonderes Steckenpferd Greimels und seiner Partnerin sind Fauna und Flora. Daheim, aber auch auf Reisen. Und überhaupt: Er liebt es, zu reisen. „Weit weg von zu Hause zu sein, das schafft Distanz, einen neuen Blick und ein wenig Ruhe.“Reisen weltweit, nach Ecuador oder in den Kongo, münden zwar oft nicht in sonderlicher körperlicher Erholung, durchlüften aber geistig. Die Liste der noch unerfüllten Destinationen sei lang, ganz oben steht derzeit Sambia. „Aber es müssen nicht die Galapagos sein, Österreich ist wunderschön und zum Beispiel auch die Treimischer Teiche bieten alles für eine Entdeckungsreise.“
Bei den Treibachern hat er sich bereits gut eingewöhnt, „es fühlt sich so an, als wäre er schon viel länger da“, meint eine Mitarbeiterin. Und Greimel zollt Respekt: „Es ist ein großartiges Unternehmen mit beeindruckender Geschichte, wir sind ein Leuchtturm-Unternehmen in
Kärnten, bei allen Herausforderungen.“Dass er hier im Scheinwerferlicht steht, behage im nicht so sehr: „Das Unternehmen und seine Mitarbeiter stehen im Vordergrund.“
Sein Engagement endet übrigens nicht am Werkstor, im Gegenteil. Österreich brauche eine starke Wirtschaft, betont Greimel. „Wir alle gemeinsam sind die Wirtschaft. Aber wie bleiben wir wettbewerbsfähig?“Auch diese Frage treibe ihn an. Besonders dass man in Europa bei Regularien „teilweise über das Ziel hinausschießt und vieles überbordend ist“, sei eine bedrohliche Fehlentwicklung. Kämpfergeist und Einsatzfreude scheinen Eigenschaften zu sein, die in einfachen Verhältnissen besonders gut gedeihen.