Lebenskluges Psychogramm einer Familie
Ann Napolitano legt mit ihrem neuen Roman „Hallo, du Schöne“ein Wohlfühlbuch rund um vier Schwestern vor.
Vor drei Jahren würdigte im Wiener MAK die Ausstellung „Die Frauen der Wiener Werkstätte“jene Kunstgewerblerinnen, die dort im Hintergrund kreativ arbeiteten, während es Josef Hoffmann oder Koloman Moser zu einigem Ruhm brachten – Frauen war der Zugang zum Kunststudium noch bis 1919 verwehrt. Die Wiener Autorin Beate Maly wurde von dieser Schau zu einem atmosphärischen Krimi inspiriert, in dem im Jahr 1906 eine (aus der Not heraus) begabte Fälscherin zufällig Arbeit als Putzfrau in der Wiener Werkstätte findet und begeistert ist von der kreativen Umgebung. Bald aber ist ihr kriminalistischer Spürsinn gefragt. Maly erzählt unterhaltsam und historisch fundiert von einer Zeit, in der der Schein oft wichtiger war als das Sein.
Beate Maly. Mord in der Wiener Werkstätte. Emons, 224 S., 17 Euro.
Mit „Hallo, du Schöne“begrüßt Vater Charlie gerne seine vier Töchter, deren Zusammenhalt, Vertrautheit und Liebe zueinander das emotionale Gerüst der mehr als 500 Seiten starken Familiensaga von Ann Napolitano ist. Es ist ihr vierter Roman, der Vorgänger „Der Morgen davor und das Leben danach“stand wochenlang auf der „New York Times“Bestsellerliste.
In schwierigen Situationen bestärkt sich Tochter Julia gerne selbst: „Kein Problem, dachte sie, damit werde ich fertig.“
Schließlich ist sie die älteste der vier Schwestern in der italoamerikanischen Padavano-Familie, ist immer gut organisiert, kraftvoll und ehrgeizig, weiß schon früh genau, wie ihre Zukunft einmal ausschauen soll. Dass das Leben manchmal Haken schlägt und Julia gar nicht so leicht mit Schicksalsschlägen fertig wird, kann sie erst spät akzeptieren.
Der in den USA bei seinem Erscheinen euphorisch gefeierte Roman zeichnet die eingeschworene Gemeinschaft der Padavanos aus vier Perspektiven: Da ist die kühl-distanzierte Julia, die alles im Griff zu haben glaubt, auch ihren Mann William, der aus einer komplett gegensätzlichen, weil empathielosen Familie stammt. Seine lieblosen Eltern trauerten um ihre verstorbene Tochter und kümmerten sich nicht um ihren Sohn. Der ist konfliktscheu und will es Julia immer recht machen – bis es nicht mehr geht.