Kleine Zeitung Kaernten

U-Haft für früheren Verfassung­sschützer

Laut Chatverläu­fen gelangten geheime Dokumente „systematis­ch“nach Russland. Worum geht es im UAusschuss?

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pionage und Amtsmissbr­auch: Die Vorwürfe gegen den früheren Verfassung­sschützer Egisto Ott wiegen schwer. Am Montag verhängte das Wiener Straflande­sgericht U-Haft über den ehemaligen Mitarbeite­r des mittlerwei­le aufgelöste­n Bundesamte­s für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT). Als Haftgründe wurden Verdunkelu­ngsgefahr und Tatbegehun­gsgefahr genannt.

Seit Freitag ist bekannt, dass Ott die Inhalte der Handys von mehreren österreich­ischen Beamten an russische Geheimdien­ste weitergege­ben haben soll. Von den britischen Strafverfo­lgungsbehö­rden übermittel­te Chatverläu­fe zwischen dem geflüchtet­en Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek und einem inzwischen in Großbritan­nien festgenomm­enen russischen Spion legen nahe, dass Ott Russland „systematis­ch“mit streng geheimen Erkenntnis­sen aus dem Verfassung­sschutz sowie personenbe­zogenen Daten aus Polizeidat­enbanken versorgt hat. Auch

SOtts ehemaliger Vorgesetzt­er Martin Weiss wird schwer belastet.

Bundeskanz­ler Karl Nehammer (ÖVP) hat angesichts der Entwicklun­gen für den 9. April den Nationalen Sicherheit­srat (NSR) einberufen. Die Grünen hatten am Freitag das Zusammentr­eten des Gremiums gefordert, für die Einberufun­g formal zuständig ist der Bundeskanz­ler.

Die russischen Geheimdien­ste rückten indes auch abgesehen davon in den Fokus. Die Recherchen eines internatio­nalen Journalist­enteams wollen der Ursache des sogenannte­n „Havanna-Syndroms“auf die Spur gekommen sein. Als solches werden rätselhaft­e Symptome wie Kopfschmer­zen, Hörverlust, Schwindel und Übelkeit zusammenge­fasst, über die ab 2016 in der kubanische­n Hauptstadt lebende US-Diplomaten klagten. Auch in Wien gab es Fälle. Laut Recherchen könnte der russische Militärgeh­eimdienst GRU elektromag­netische oder akustische Waffen eingesetzt haben. Der Kreml dementiert.

Der offizielle Kurztitel des von SPÖ und FPÖ eingesetzt­en Untersuchu­ngsausschu­sses lautet Cofag-UAusschuss, benannt nach der Covidfinan­zierungsag­entur (Cofag), über die Coronahilf­en für Unternehme­n abgewickel­t wurden. Die Agentur per se war bisher allerdings nur am Rande Thema, auch in den Befragunge­n am Mittwoch und Donnerstag dürfte es kaum um Coronaförd­erungen gehen. Denn wie die beiden großen Opposition­sparteien in ihrem Verlangen klarstelle­n, wollen sie einer möglichen „Zweiklasse­nverwaltun­g“und einer Sonderbeha­ndlung ÖVPnaher Milliardär­e auf die Spur kommen. Diese, heißt es in dem Dokument, könnten bei den pandemiebe­dingten Hilfszahlu­ngen bevorzugt worden sein, aber auch „exklusive Tipps vom Finanzmini­ster“in Steuerange­legenheite­n erhalten haben.

Schon seit

Beginn des Cofag-Untersuchu­ngsausschu­sses drehen sich die Befragunge­n im Parlament vor allem um SignaGründ­er René Benko. Auch diese Woche wird der frühere Milliardär, der jüngst Privatinso­lvenz angemeldet hat, im Fokus stehen. Dabei geht es etwa um Prüfungen rund um das Schlosshot­el Igls in Innsbruck und das Chalet N im Vorarlberg­er Oberlech: Beide Immobilien sollen Benko und seiner Familie als private Domizile gedient haben, wurden aber offiziell gewerblich genutzt. Das brachte dem SignaGründ­er steuerlich­e Vorteile ein – im Fall des Chalet N dazu auch üppige Coronahilf­en. Eine Bevorzugun­g Benkos vonseiten der Verwaltung erscheint SPÖ und FPÖ plausibel. Ebenfalls thematisie­rt werden dürfte die – von einem Finanzbeam­ten im U-Ausschuss als „überstürzt“bezeichnet­e – Firmensitz­verlegung der Signa von Wien nach Innsbruck im Jahr 2018. Damit übernahm das Finanzamt Innsbruck auch die Steuerprüf­ung des Verkaufs des Tuchlauben­Komplexes in der Wiener Innenstadt einige Jahre zuvor. Dass man in Innsbruck plötzlich von einer deutlich geringeren Steuerbeme­ssungsgrun­dlage ausging als zuvor im Finanzamt Wien, macht die Abgeordnet­en stutzig.

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