Im Land der Elefanten
Die Veröffentlichung der ORF-Gehaltslisten kann nur ein Anstoß für Strukturdiskussionen des öffentlich-rechtlichen Hauses sein.
ass ein öffentlich-rechtliches Unternehmen, das von der Bevölkerung mitfinanziert wird, einen „Transparenzbericht“vorlegen muss, war höchst an der Zeit. Die Veröffentlichung der Gehälter ab 170.000 Euro Bruttojahresgehalt hat ja schon im Vorfeld durch die kolportierten Namen für Reaktionen zwischen Empö- rung („Oh, viel zu viel!“) und Kopfschütteln gesorgt, sie darf aber die prinzipielle Diskussion über die moralische Zulässig- keit von ORF-Besonderheiten wie den „Weißen Elefanten“nicht überdecken oder obsolet werden lassen.
Indem Generaldirektor Roland Weißmann seine Mitarbeiter dazu aufruft, „sich nicht an der zu erwartenden Neiddebatte zu beteiligen“. In der berechtigten Erwartung, dass die Höhe der Gehälter die Polemik gegenüber dem ORF weiter verschärfen werde. Klingende Namen wie Ö 3-„Wecker“-Mann Robert Krat- ky und Anchorman Armin Wolf tragen das Ihrige zur Debatte bei – vor allem, wenn da noch Ne- benbeschäftigungen dazukom- men, für die sie nur aufgrund der durch Radio und Fernsehen er- zeugten Popularität bestens
Dchristian.ude@kleinezeitung.at
entlohnt werden und dafür neben den Hauptjobs offenbar auch noch genügend Zeit haben.
Da gefällt die Forderung von Stiftungsräten, dass 20 bis 30 Prozent der Nebenverdienste an den ORF weitergeleitet werden sollten, etwa für Weiterbil- dungsmaßnahmen. Im Ver- gleich zu TV-Stars im deutschen Fernsehen (ob bei den Öffent- lich-Rechtlichen oder bei den Privaten) fallen die ORF-Gagen freilich noch immer niedrig aus und sind keine „Luxusgagen“für diese Branche, wie der Boule- vard gerne vollmundig titelt. Es sind branchenübliche Höhen für Spitzenkräfte.
Dennoch: Das Durchschnitts- einkommen bei knapp 3000 Vollzeitjobs darf mit rund 92.000 Euro brutto jährlich be- ziffert werden; man muss also auf dem Wiener Küniglberg kein Bildschirmstar sein, um mit dem Gehalt als Österreicher mehr als zufrieden sein zu können. Und wir haben immer wieder gesehen, wie das Versorgungssystem funktioniert. Dafür werden auch Jobs erfunden, für die es bis dahin keine Notwendigkeit gab. ür die ehemalige Büroleiterin von Richard Grasl wurde 2018 eine neue „Stabsstelle für Public Affairs im ORF“gegründet, die das „Management der Außenbeziehungen des ORF zu seinen Stakeholdern“verantwortet, wie der damalige Boss Wrabetz es beschrieb. Die konkrete Aufgabe konnte aber niemand wirklich erklären. Und als Robert Ziegler den Sessel als Landesdirektor Niederösterreich räumen musste, fand er in der Abteilung mit dem aromatischen Namen „Corporate Social Responsibility“sein neues Zuhause.
Die nun veröffentlichte Liste muss also ein Anstoß sein, über Jahrzehnte gewachsene Strukturen auch laut zu hinterfragen. Und zu diskutieren. Inklusive Versorgungsposten und sozialer Unverträglichkeit. Und nicht nur darüber zu schimpfen. Ein Schritt ist schon einmal der von Weißmann in Auftrag gegebene Verhaltenskodex (insbesondere für Nebentätigkeiten).
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