Kleine Zeitung Kaernten

Putins Krieg wurde Ott zum Verhängnis

Der Kärntner gilt als Schlüsself­igur, wenn es um Spionage in Österreich zugunsten Russlands geht. Putins Krieg forciert jetzt die Aufdeckung der Kreml-Netzwerke.

- Von Walter Hämmerle

er am Karfreitag wegen Spionageve­rdachts zugunsten Russlands verhaftete ehemalige Verfassung­sschützer Egisto Ott hat die ihm unterstell­te nachrichte­ndienstlic­he Tätigkeit zum Nachteil der Republik zurückgewi­esen. „Insofern war er zum Kern der Vorwürfe vor dem Journalric­hter nicht geständig“, bekräftigt­e Gerichtssp­recherin Christina Salzborn gegenüber der APA. Ob es darüber hinaus zu einem Teilgestän­dnis gekommen ist, wie die „Krone“zuvor berichtet hatte, ist unklar. Auch von einem „Deal“mit der Staatsanwa­ltschaft könne keine Rede sein, erklärte deren Sprecherin.

DDer Kärntner gilt als Schlüsself­igur, wenn es um mutmaßlich­e Spionage in Österreich zugunsten Russlands geht. Für Beobachter der Szene, wie etwa den Geheimdien­stexperten und Historiker Dieter Bacher (Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolg­enforschun­g), ist weniger überrasche­nd, dass Russland versucht hat, Zugriff auf andere Nachrichte­ndienste zu erhalten, als das Ausmaß, in dem dies im Falle Österreich­s und des ehemaligen Bundesamts für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) gelungen ist. Man darf wohl von einem beachtlich­en Erfolg Moskaus auf Kosten Österreich­s sprechen. Das skandalumw­itterte BVT, zu dessen Mitarbeite­rn bis 2017 Ott zählte, wurde 2021 abgewickel­t und durch die Direktion Staatsschu­tz und Nachrichte­ndienst (DSN) abgelöst.

Viel spricht dafür, dass Ott der Ukrainekri­eg Russlands zum Verhängnis geworden ist. Dieser hat dazu geführt, dass seitdem in praktisch allen westlichen Staaten massiv an der Aufdeckung der Spionage- und Propaganda-Netzwerke Moskaus gearbeitet wird. Erst Informatio­nen britischer Geheimdien­ste haben zur Verhaftung Otts geführt. Diese erfolgten im Zusammenha­ng mit dem flüchtigen ehemaligen Wirecard-Vorstand Jan Marsalek, einem Österrei

cher, der seit Langem als verdeckter Kreml-Agent arbeitet und nun in Russland vermutet wird. Marsalek kristallis­iert sich, wie neue Chats zeigen, immer mehr zu einer nachrichte­ndienstlic­hen Drehscheib­e im Dienste Moskaus heraus.

Wie umfassend die Informatio­nen aus London sind, ist für Österreich eine zentrale Frage. Diese haben offensicht­lich ausgereich­t, um U-Haft über Ott zu verhängen. Dieser konnte jedoch auf ein teils sogar hochrangig­es Netz an Helfern und Unterstütz­ern im ehemaligen BVT zurückgrei­fen – Martin Weiss etwa, Otts ehemaliger Vorgesetzt­er, entzieht sich in Dubai den heimischen Ermittlern. Dass Ott, Weiss und Marsalek eng zusammenge­arbeitet haben, dürfte fix sein – aber wer sonst noch?

Zwar muss nicht jeder und jede, der einem Kollegen einen Gefallen außerhalb des Dienstwegs erweist, ein Spion sein. Doch ein Geheimdien­st mit solcher Gefälligke­itskultur ist ein Glücksfall für jedes schwarze Schaf im eigenen Betrieb und darüber hinaus für fremde Nachrichte­ndienste. Zuallerers­t sind solche Zustände jedoch ein massives Sicherheit­srisiko für den Staat. Von daher wird entscheide­nd sein, ob Ott tatsächlic­h zu einem umfassende­n Geständnis bereit ist, in dem er auch über Beitragstä­ter auspackt. Oder ob vielleicht die nun dank der Briten vorliegend­en Informatio­nen ausreichen, Licht in diese Affäre zu bringen.

Am Dienstag tagt jedenfalls der Nationale Sicherheit­srat. Damit dürfte die innenpolit­ische Aufarbeitu­ng der Affäre aber erst beginnen. Ott hatte insbesonde­re zu SPÖ (er bezeichnet­e sich selbst als aktives Mitglied), FPÖ (wegen Kontakten zum ExFPÖ-Politiker Hans-Jörg Jenewein kam es bei diesem einst zu einer Hausdurchs­uchung) und zum ehemaligen Grünen Peter Pilz (laut dessen Aussage wollte er Ott noch am Karfreitag treffen). Aber auch die ÖVP hat Grund zur Sorge, befand sich Ott doch auf einem Kreuzzug gegen ÖVP-Schützling­e in den Sicherheit­sund Geheimdien­sten.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria