Konvoi-Angriff: Netanjahu verspricht Untersuchung
Israel beschoss zuvor bewilligten internationalen Hilfskonvoi in Gaza. Militärexperte Karner: „Versagen der Armee“.
rkennbar ist das Logo am weißen Autodach der Hilfsorganisation „World Central Kitchen“(WCK) noch. „orld entral itchen“steht da. Der Rest ist Krater, wurde von einer Drohne gefressen, wie Fotos von der Unglücksstelle zeigen. Nach dem israelischen Angriff auf einen NGO-Konvoi im Gazastreifen, bei dem insgesamt sieben Mitarbeiter (u. a. aus Australien, Polen und Großbritannien) getötet wurden, herrscht Fassungslosigkeit. Auch das offizielle Israel weiß um die Tragik. Eine unabhängige Kommission solle den Fall untersuchen, versprach Armeesprecher Daniel Hagari. Premier Benjamin Netanjahu räumte den Angriff ein, bedauerte den „unbeabsichtigten“Vorfall: „Wir werden alles tun, um sicherzustellen, dass so etwas nicht wieder passiert.“
Die NGO hatte den Auto-Konvoi zuvor mit der israelischen Armee abgeklärt, bekam grünes Licht, um einen Hilfstransporter zu einem Lagerhaus in der Ortschaft Deir al-Balah zu eskortieren. Nach der Rückfahrt aus dem Lager kam es zum Vorfall. Immer wieder hätte die Drohne den Konvoi attackiert. Nach dem ersten Angriff seien die Mitarbeiter mit einem zweiten Auto weitergefahren. Dann sei auch dieses attackiert worden. Die verletzten Mitarbeiter retteten sich in ein drittes Auto, ehe auch dieses beschossen wurde, schildert die israelische Zeitung „Haaretz“und beruft sich auf Insider. Womöglich hatte es die Armee auf einen Verdächtigten abgesehen, der sich zum Zeitpunkt der Weiterfahrt nicht mehr im Auto befand.
E„Das ist ein eindeutiges Versagen der Koordinierung der israelischen Streitkräfte. Ich schreibe das einer gewissen Nervosität innerhalb der Armee zu“, erklärt Militärexperte Gerald Karner im Gespräch. Scheinbar sprachen jene, die die Luft überwachen, nicht mit jenen, die die Fahrt bewilligt hatten, „Absicht sehe ich dahinter keine“. Für Karner seien die weißen Toyotas aber auch „dürftig“gekennzeichnet gewesen. Anders sieht das Martin Frick, deutscher Direktor des World Food Programme, das auch in Gaza operiert, gegenüber der Kleinen Zeitung: „Die Kollegen waren klar gekennzeichnet. Jeder Konvoi, jede Unterkunft, jede Bewegung von humanitärem Personal wird vorher angemeldet und ist Israel bekannt.“Jedoch „funktioniert dieses humanitäre Meldesystem in Gaza nur unzureichend“.
„Der Tod von ausländischen Staatsbürgern ist eine neue Dimension, die Israel enorm unter Druck setzt“, betont Karner. Die Organisation „World Central Kitchen“kündigte noch gestern an, sie werde angesichts des tödlichen Angriffs ihren Einsatz in der Region bis auf Weiteres stoppen.
Gegründet wurde WCK 2010 vom früheren Michelin-Koch José Andrés. Die NGO verteilt fertig gekochte Mahlzeiten in Kriegs- und Krisengebieten. So etwa auch im Ukrainekrieg oder nach der Erdbebenkatastrophe in der Türkei. Im Gazakrieg ist die Organisation für die Versorgung über den kürzlich errichteten Seeweg verantwortlich. Im März schiffte die Organisation aus Zypern rund 200 Tonnen Nahrungsmittel nach Gaza. Anders als das in Israel kritisch beäugte Palästinenserhilfswerk UNRWA, dem vorgeworfen wird, dass einige seiner Mitarbeiter am HamasMassaker am 7. Oktober beteiligt gewesen sein sollen, pflegt Jerusalem zu WCK ein wohlwollendes Verhältnis. So versorgte Koch Andrés in den Wochen nach dem Überfall sowohl die Zivilbevölkerung in Gaza als auch Israelis und benannte den Hamas-Terror in einer Videobotschaft klar und deutlich.
meint, die Debatte um die Strafmündigkeit erschöpfe sich in Schlagworten.