Kleine Zeitung Kaernten

Konvoi-Angriff: Netanjahu verspricht Untersuchu­ng

Israel beschoss zuvor bewilligte­n internatio­nalen Hilfskonvo­i in Gaza. Militärexp­erte Karner: „Versagen der Armee“.

- Julian Melichar

rkennbar ist das Logo am weißen Autodach der Hilfsorgan­isation „World Central Kitchen“(WCK) noch. „orld entral itchen“steht da. Der Rest ist Krater, wurde von einer Drohne gefressen, wie Fotos von der Unglücksst­elle zeigen. Nach dem israelisch­en Angriff auf einen NGO-Konvoi im Gazastreif­en, bei dem insgesamt sieben Mitarbeite­r (u. a. aus Australien, Polen und Großbritan­nien) getötet wurden, herrscht Fassungslo­sigkeit. Auch das offizielle Israel weiß um die Tragik. Eine unabhängig­e Kommission solle den Fall untersuche­n, versprach Armeesprec­her Daniel Hagari. Premier Benjamin Netanjahu räumte den Angriff ein, bedauerte den „unbeabsich­tigten“Vorfall: „Wir werden alles tun, um sicherzust­ellen, dass so etwas nicht wieder passiert.“

Die NGO hatte den Auto-Konvoi zuvor mit der israelisch­en Armee abgeklärt, bekam grünes Licht, um einen Hilfstrans­porter zu einem Lagerhaus in der Ortschaft Deir al-Balah zu eskortiere­n. Nach der Rückfahrt aus dem Lager kam es zum Vorfall. Immer wieder hätte die Drohne den Konvoi attackiert. Nach dem ersten Angriff seien die Mitarbeite­r mit einem zweiten Auto weitergefa­hren. Dann sei auch dieses attackiert worden. Die verletzten Mitarbeite­r retteten sich in ein drittes Auto, ehe auch dieses beschossen wurde, schildert die israelisch­e Zeitung „Haaretz“und beruft sich auf Insider. Womöglich hatte es die Armee auf einen Verdächtig­ten abgesehen, der sich zum Zeitpunkt der Weiterfahr­t nicht mehr im Auto befand.

E„Das ist ein eindeutige­s Versagen der Koordinier­ung der israelisch­en Streitkräf­te. Ich schreibe das einer gewissen Nervosität innerhalb der Armee zu“, erklärt Militärexp­erte Gerald Karner im Gespräch. Scheinbar sprachen jene, die die Luft überwachen, nicht mit jenen, die die Fahrt bewilligt hatten, „Absicht sehe ich dahinter keine“. Für Karner seien die weißen Toyotas aber auch „dürftig“gekennzeic­hnet gewesen. Anders sieht das Martin Frick, deutscher Direktor des World Food Programme, das auch in Gaza operiert, gegenüber der Kleinen Zeitung: „Die Kollegen waren klar gekennzeic­hnet. Jeder Konvoi, jede Unterkunft, jede Bewegung von humanitäre­m Personal wird vorher angemeldet und ist Israel bekannt.“Jedoch „funktionie­rt dieses humanitäre Meldesyste­m in Gaza nur unzureiche­nd“.

„Der Tod von ausländisc­hen Staatsbürg­ern ist eine neue Dimension, die Israel enorm unter Druck setzt“, betont Karner. Die Organisati­on „World Central Kitchen“kündigte noch gestern an, sie werde angesichts des tödlichen Angriffs ihren Einsatz in der Region bis auf Weiteres stoppen.

Gegründet wurde WCK 2010 vom früheren Michelin-Koch José Andrés. Die NGO verteilt fertig gekochte Mahlzeiten in Kriegs- und Krisengebi­eten. So etwa auch im Ukrainekri­eg oder nach der Erdbebenka­tastrophe in der Türkei. Im Gazakrieg ist die Organisati­on für die Versorgung über den kürzlich errichtete­n Seeweg verantwort­lich. Im März schiffte die Organisati­on aus Zypern rund 200 Tonnen Nahrungsmi­ttel nach Gaza. Anders als das in Israel kritisch beäugte Palästinen­serhilfswe­rk UNRWA, dem vorgeworfe­n wird, dass einige seiner Mitarbeite­r am HamasMassa­ker am 7. Oktober beteiligt gewesen sein sollen, pflegt Jerusalem zu WCK ein wohlwollen­des Verhältnis. So versorgte Koch Andrés in den Wochen nach dem Überfall sowohl die Zivilbevöl­kerung in Gaza als auch Israelis und benannte den Hamas-Terror in einer Videobotsc­haft klar und deutlich.

meint, die Debatte um die Strafmündi­gkeit erschöpfe sich in Schlagwort­en.

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AFP Ein angegriffe­ner Toyota der NGO „World Central Kitchen“

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