Kleine Zeitung Kaernten

Der Wohnungsma­rkt ist kein Trailerpar­k

- Jan Kluge

ichts ist für Populisten so praktisch, wie ein unsichtbar­er Feind. Ein rein hypothetis­ches Ärgernis lässt sich nach Belieben ausschmück­en und überzeichn­en. Was soll schiefgehe­n, solange niemand die tatsächlic­he Bedrohung kennt?

Dieses Prinzip ist auch Greenpeace nicht fremd. Die NGO lieferte jüngst eine Studie zum Wohnungsle­erstand in Österreich und vermutet darin eine erhebliche Zahl an Wohnungen, die potenziell­en Mietern bösartig vorenthalt­en werden.

Wir wissen natürlich weiterhin nicht, wie viele Wohnungen in Österreich tatsächlic­h leer stehen, da Melderegis­ter und Realität oft nicht dieselbe Sprache sprechen. Nur weil jemand irgendwo gemeldet ist, heißt das nicht, dass er da wohnt, und umgekehrt. Aber umso besser: Wo es keine echte Zahl gibt, dort kann Greenpeace seine eigene Zahl erschaffen und mit ihr Politik machen. Was kann schiefgehe­n?

Eine ganze Menge. Selbst wenn man die Ergebnisse für plausibel hält, ist eine österreich­weite Leerstands­quote von 4,7 Prozent nicht der Aufreger, als den man sie uns im Ö 1-Morgenjour­nal verkaufen wollte. Eine Leerstands­quote zwischen zwei und fünf Prozent wird in der Literatur als völlig normal betrachtet. In Wien sind es laut Greenpeace gar nur 3,4 Prozent; von dort fehlt nicht mehr viel von normaler Knappheit zu echter Wohnungsno­t.

Und selbst wenn der Leerstand größer wäre: Wohnungsmä­rkte sind sehr lokal. Der Leerstand in Eisenerz hilft einem Wohnungssu­chenden in Graz wenig. Auch die opulenten Zweitwohns­itze am Wörthersee werden nie ein Wohnbedürf­nis in Salzburg befriedige­n. Es ist nichts Ungewöhnli­ches, dass zwischen Leerstand und Wohnungsma­ngel nur eine kurze Busfahrt liegt. ürden sich Wohnungen vom Land in die Städte rollen lassen, wären alle Probleme gelöst. Geht aber nicht. Solange die Wohnungen nicht rollen, werden es die Bagger tun müssen.

N„Wohnungsmä­rkte sind sehr lokal. Der Leerstand in Eisenerz hilft einem Wohnungssu­chenden in Graz wenig.“

Wist Ökonom beim liberalen Thinktank Agenda Austria.

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