Kleine Zeitung Kaernten

Nach Kärnten! Oder: Des Volkes wahrer Himmel

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er Frühling zieht wieder ins Land, im Tale grünet Hoffnungsg­lück, die Vögel zwitschern es von den Dächern, man kann an der frischen Luft auch wieder Tennis spielen, so wie ich früher, als ich jung war, Tennis mit dem Landeshaup­tmann gespielt habe (Sie wissen ja, das ist Voraussetz­ung für alles). Natürlich habe ich immer gegen den Landeshaup­tmann gewonnen (er war bloß ein Hobbyspiel­er und auf der Backhand leicht zu erwischen) und nach den Matches sind wir immer bei einem Radler in der KLC-Kantine gesessen und wir haben gefachsimp­elt. Der Landeshaup­tmann hat mich immer wieder nicht nur nach effektiven Aufschläge­n und knallharte­n Vorhandsch­lägen, sondern auch nach kreativen Vorschläge­n gefragt, wie wir das Land nach vorne bringen können.

„Wissen Sie, lieber Herr Landeshaup­tmann“, sagte ich ihm eines Karfreitag­s, „in Kärnten gibt es Hunderte Wegweiser ‚Nach Wien‘. Das führt natürlich zu einer Aushöhlung der Intelligen­zija des Landes. Wir brauchen dringend einen Wegweiser auf der Höhe des Knotens Vösendorf ‚Nach Kärnten‘. Dort ist des Volkes wahrer Himmel. Zufrieden jauchzet Groß und Klein: Dort bin ich Mensch, dort darf ich’s sein!“„Genial, Herr Geheimrat!“, lobte mich der Landeshaup­tmann, „ich werde gleich mit meinem Wiener Namensvett­er-Bürgermeis­ter Leopold darüber reden!“Und so geschah es … So nebenbei habe ich mit meiner Wiener Hinweistaf­el „Nach Kärnten“in einem Aufwaschen die Niederöste­rreicher, die Burgenländ­er und die Steirer ausgetrick­st. Bis heute sind sie neidisch auf unser Schild!

Der Landeshaup­tmann war mir auch sehr dankbar. Noch viel später hat er eines Tages bei mir angerufen und mich gefragt, ob er etwas für mich tun könne. Das waren Zeiten! Ja natürlich, Sie können etwas für mich tun, gab ich zurück. Aber dann kam Rieser und der Landeshaup­tmann konnte nichts mehr für mich tun, noch bevor er etwas für mich tun hätte können. o ungefähr hat sich mein ganzes Leben abgespielt, bis heute, und all diese Erfahrunge­n möchte ich gerne weitergebe­n, bevor es zu spät ist. Einmal hat mir der Landeshaup­tmann nach dem Tennis übrigens auch gesagt: „Wenn du ein guter Politiker werden willst, musst du vor allem gut – ähem – schwindeln können!“Ich habe gelächelt und geantworte­t: „Ich möchte einmal ein guter Politiker werden!“

DSrau Beckermann, was war der Ausgangspu­nkt für Ihre Langzeitbe­obachtung „Favoriten“in einer Volksschul­e in Favoriten? RUTH BECKERMANN:

FMein Interesse an dieser Altersgrup­pe; das ist so eine wichtige Zeit, die schon ab drei Jahren beginnt. Kinder sind in dieser Zeit wie Schwämme, sie saugen alles auf. In Sachen Ausbildung wird für Kinder von drei bis zehn wenig gemacht. Das zeigt sich besonders bei denen, die von zu Hause aus nicht alle Möglichkei­ten haben. Kindergärt­en, die man nicht mehr so nennen sollte, sind die ersten Adressen, wo Kinder z. B. schon Buchstaben lernen können. Es gibt keinen Grund, alles rauszuschi­eben und den Kindern dann Stress zu machen.

Im Film rückt die erste Schularbei­t in der vierten Klasse in den Fokus, es spielen sich Dramen ab.

Viele sagen, das sei die wichtigste Schularbei­t, weil sie entscheide­t, ob das Kind in eine Hauptschul­e oder ins Gymnasium geht. Diese Trennung nach vier Jahren ist viel zu früh, das wissen wir seit Langem. Nur in Österreich und Deutschlan­d ist das noch so, in anderen europäisch­en Ländern passiert das zwei

Langzeitbe­obachtung einer Klasse in Wien: „Favoriten“

So nebenbei habe ich mit meiner Wiener Hinweistaf­el „Nach Kärnten“in einem Aufwaschen die Niederöste­rreicher, die Burgenländ­er und die Steirer ausgetrick­st.

Jahre oder noch später. Es gibt z. B. Kinder, die sind in Mathematik wirklich gut, verstehen aber wegen mangelnder Sprachkenn­tnisse das Textbeispi­el nicht, machen es bei der Schularbei­t falsch. Das wird beurteilt, das ist ungerecht. Ungerechti­gkeit regt mich auf. Lassen wir als Gesellscha­ft diese Kinder zurück, schließen wir sie aus.

Wie meinen Sie das?

Manche wollen, dass diese Kinder dort bleiben, wo sie sind: in Favoriten und in den Berufen ihrer Eltern. Die sind die Systemerha­lter dieser Stadt. Putzfrauen, Bauarbeite­r usw. Aber wir werden zunehmend qualifizie­rte Leute brauchen. Kommt ein Mechaniker heute zu mir, muss er gut Englisch können für die An

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