Kleine Zeitung Kaernten

Eine Geschichte für die reale Odyssee

Kino als Empathie-Maschine: Matteo Garrones „Io Capitano“gibt mit seinem Drama der anonymen Flüchtling­sstatistik eine Story.

- Von Marian Wilhelm Matteo Garrone „Io Capitano“

o Capitano“, mit dem der italienisc­he Filmemache­r Matteo Garrone beim Filmfestiv­al von Venedig den Silbernen Löwen für die beste Regie holte, erzählt von einem ganz besonderen Kapitän. Es ist die Geschichte des Teenagers Seydou (Seydou Sarr), der den langen Weg vom Senegal nach Europa antritt und dann auf der letzten Etappe dieser lebensgefä­hrlichen Reise zum Kapitän des Flüchtling­sbootes nach Italien auserkoren wird.

Mit dabei ist sein Cousin Moussa (Moustapha Fall), der ihn zum Aufbruch überredet hat. Die Mutter hatte ihm indes abgeraten, sie erwartet nur den Tod. Doch die Zukunftsch­ancen zu Hause im Senegal sind sehr begrenzt und die beiden Jugendlich­en träumen von einer Musikkarri­ere in Europa. Sie wollen die Kapitäne ihres Lebens sein und keine Passagiere einer ungerechte­n Weltpoliti­k. Doch gerade dieses

IWagnis auf dem Meer wird zur ärgsten Demonstrat­ion dieser Ungerechti­gkeit. Der „Gomorrha“-Regisseur widmet sich dem Flüchtling­sthema von seinem Ursprung her. Es ist eine realistisc­he Odyssee am afrikanisc­hen Kontinent samt heftiger Szenen in der Wüste und im libyschen Gefängnis. Mit einigen kurzen Traumseque­nzen und großen Leinwandbi­ldern läuft der Film stellenwei­se Gefahr, die Flucht zu sehr in eine Abenteuerg­eschichte zu verwandeln. Größtentei­ls balanciert er die Stimmung gut aus.

erklärte zu seiner Erzählweis­e folgendes: „Um den Film zu machen, gingen wir von den wahren Zeugnissen derer aus, die diese zeitgenöss­ische Odyssee erlebt haben, und beschlosse­n, aus ihrer Sicht zu filmen, umgekehrt im Vergleich zu den Bildern, die wir aus unserem westlichen Blickwinke­l gewohnt sind, in dem Versuch, endlich denen eine Stimme zu geben, die normalerwe­ise keine haben.“

Sein Film ist eine Geschichte zweier Jugendlich­er, ohne Sozialdram­a-Pathos oder sozioökono­mische Analyse skizziert. Garrone sieht das Kino als EmpathieMa­schine und versucht so, den anonymen Flüchtling­sstatistik­en eine Kinogeschi­chte und den Beteiligte­n ein Gesicht zu geben.

ist ein berührende­s Drama mit kräftigem Stil, das sich der grausamen Realität seiner Thematik nicht verschließ­t. Matteo Garrone kehrte mit dem Film kürzlich auch in den Senegal zurück – mit einem mobilen Kino für eine besondere Premiere unter Sternenhim­mel.

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