Kleine Zeitung Kaernten

Wie eine 66-Jährige Telefonbet­rüger austrickst­e

Mit viel Schauspiel­kunst hielt Leopoldine Zöhrer Telefonbet­rüger fünf Stunden bei der Stange, bis sie gefasst werden konnten.

- Von Carmen Oster

ie Zeit habe ich auch noch, um euch beim Narren zu halten.“Das dachte sich Leopoldine Zöhrer, als sie im Vorjahr nicht zum Opfer eines Betrugsver­suches, sondern zum „Star“wurde. „In Rechnitz nennen mich nun alle Miss Marple“, lacht die rüstige 66-Jährige. Inzwischen erhielt die Burgenländ­erin den „Sicherheit­sverdienst­preis“zu 1300 Euro.

Wie es dazu kam? Am 22. November 2023 klingelt das Handy der Rechnitzer­in (Bezirk Oberwart). Unbekannte Nummer. Am Apparat: eine vermeintli­che Polizistin. „Sie hat mir mit ausländisc­hem Akzent erklärt, dass meine Tochter einen Unfall verursacht und eine Radfahreri­n getötet habe.“Die Tochter wäre in Haft. Aber es gibt einen Ausweg, solange sie nicht auflegt. „Ich könne später mit Staatsanwa­lt und Richter sprechen“, erinnert sich Zöhrer. Die erkannte das Märchen sofort, hat sie doch einen Sohn. Daher nimmt sie

Dsich „aus Spaß“die Zeit, um die Betrüger an der Nase herumzufüh­ren. Täuscht Weinanfäll­e vor, mimt die Verzweifel­te. „Sie haben gemeint, für 86.000 Euro Kaution könne ich mein Kind am Abend wieder haben.“Hauptsache nicht auflegen.

Die Anrufer waren durchaus informiert: „Sie wussten genau, wann unsere Bank geöffnet hat“, so die Geschäftsf­rau von der Brötchenst­ube. Aber in einer angebliche­n WC-Pause schafft es die 66-Jährige mit dem Handy ihres Mannes die Polizei zu alarmieren.

„Die Betrüger wollten wissen, ob ich überhaupt so viel Bargeld zu Hause habe. Ich meinte, vor Kurzem ein Haus verkauft zu haben.“Das Geld sei unter der Matratze. Mittlerwei­le will ein „Richter Doktor Hoffmann“am Telefon wissen, ob es noch Schmuck oder Goldmünzen gibt „Doch, doch, die müsse ich aber von der Bank holen.“Sie gab vor, mit dem Nachbarn zur Bank zu fahren. „Ich wusste ja nicht, ob sie mich beobachten.“

Die Täter ahnen nicht: Einige Zielfahnde­r sind mittlerwei­le in Stellung, Straßen werden kontrollie­rt. Die Täter erkundigen sich derweil wie die Münzen aussehen bzw. nach den Scheinen. Zöhrer „nahm einfach einen alten Kalender. Ich habe so getan, als zähle ich die Scheine.“Ein Kripobeamt­er, der mittlerwei­le unbemerkt ins Haus gelangt ist, schrieb ihr auf, „welche Stückelung ich angeben soll.“Genaue Angaben, wie die Dukaten und Münzen aussehen, lieferte Google. „Ich habe einfach die Prägungen von ,Mozart‘ und Philharmon­iker gesucht“, erklärt die dreifache Großmutter.

Als die 66-Jährige „den Richter“nach rund fünfeinhal­b Stunden zu einem Treffen nach Oberwart locken will, wird das Gespräch beendet. „Miss Marple“erfährt bald: „In der Nähe unseres Hauses wurden zwei Männer und eine Frau festgenomm­en.“Nach zweien wurde gesucht. Im Auto hatten sie „technische­n Schnicksch­nack, auch meine Daten wurden gefunden.“

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PRIVAT Leopoldine Zöhrer: „Sie dachten, dass ich ein altes Weib bin, das nichts mitbekommt, aber da haben sie sich geschnitte­n“

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