Ex-ZiB-Moderator zwischen Tatsachen und Fiktion
Der Kärntner Eugen Freund fingiert neue Aspekte der Schredder-Affäre im Team von Ex-Kanzler Sebastian Kurz.
s war ein dünner Pfad, den Eugen Freund vor elf Jahren beging. Damals, noch als Moderator der ZiB 1 und damit eines der Aushängeschilder der ORF-Information, schrieb er einen Roman mit dem Titel „Der Tod des Landeshauptmanns“. Welchen Landeshauptmann er meinte, war klar: Jörg Haider. Viele Leserinnen und Leser hingegen vermuteten, dass der Roman – Mossad-Agenten inklusive – mehr als Fiktion enthalten könnte. Die Folge: Freund führte die Bestsellerlisten an – vor so etablierten Namen wie Ferdinand von Schirach oder Thomas Glavinic.
Nun wagt sich Freund ein zweites Mal als Romanautor auf diesen dünnen Pfad zwischen Tatsachensubstrat und Fiktion. Der Ausgangspunkt seines neuen Buches: jene Festplatte, die ein Mitarbeiter des Kanzleramts fünf Tage nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos mehrfach schreddern ließ, um die Rechnung dann auf einen fingierten Namen ausstel- len zu lassen. In Freunds Roman wird die Festplatte zwar auch geschreddert, zuvor zieht jedoch noch ein Mitarbeiter ei- ne Kopie davon und will sie an
Eeinen Aufdecker-Journalisten übergeben. Wer meint, solche Dinge geschehen in der Realität nicht, kann die Berichte über den Geheimdienst-Mitarbeiter Egisto Ott nachlesen, die dieser Tage erschienen sind.
Doch wenngleich Freund hier in die Fiktion abbiegt, rückt er im Buch die Geschehnisse immer wieder zurück in die Realität. Mit eingestreuten Meldungen aus der Austria Presseagentur oder dem ORF zieht er die Realitäten – von Jan Marsalek bis René Benko – ins Buch und lässt sie dort im RomanTeil
Buch & Präsentation
wieder weiterwirken. An manchen Stellen müht sich Freund nicht wirklich, reale Personen zu chiffrieren, etwa wenn er Kanzler „Stefan Wenig“nicht nur dem Namen nach nah an Ex-Kanzler Sebastian Kurz beschreibt.
Der Kärntner widmet sich aber auch seiner näheren Heimat, wirft ein Schlaglicht auf die Ortstafel-Thematik, die ihn einst in den Journalismus brachte, lässt Schurken in Trögern, dem südlichsten Zipfel Österreichs, und am Bleiburger Wiesenmarkt auffahren und widmet sich dem Ausverkauf des Klopeiner Sees.
Welche Teile und Schilderungen in Freunds Buch fiktiv sind und und wo seine Schilderungen Tatsachen abbilden, lässt Freund bewusst im Spekulativen. Jedenfalls erreicht er damit, dass nicht nur über das Buch, sondern auch seinen politischen Rahmen debattiert wird.
Eugen Freund: „Die Festplatte“, erschienen im Wieser Verlag, Preis: 22,60 Euro. Am 11. April um 19 Uhr stellt