Verwechslung bringt Segen
Ein Tupfer links, ein Tupfer rechts, dann schnuppern. Überraschung!
eit ein paar Tagen steht ein kleiner Jasminstrauch auf dem Tisch. Er blüht recht schüchtern und duftet süß und würdevoll, und er erinnert mich an meinen Besuch bei den Kamaldulensern. Schriftlich berichtet es sich leichter davon, weil: Sprechen Sie einmal den Namen Kamaldulenser flüssig aus.
Die Kamaldulenser sind fromme Männer, die sich ihr Kloster in eine Ecke der Toskana gebaut haben, in der diese aussieht wie das nördliche Waldviertel. Man könnte daraus schließen, dass es sich bei den Kamaldulensern um einen Büßerorden handelt; sie sind aber eine Versammlung von Eremiten, und in ihrem Mutterkloster haben sie sich in einem ummauerten Garten lauter kleine Hütten zum Einsiedeln hineingebaut.
Es ist ein schöner, friedvoller Ort, in den man nur durch ein Sperrgatter hineinschauen kann, wahrscheinlich, weil es beim Frommsein schnell lästig wird, wenn einem dabei ständig Touris mit gezücktem Smartphone hinterherschleichen. Weil das Säkularpublikum aber in Scharen anreist, um spirituelles Leben zu bewundern und dann auch Unterhaltung braucht, betreibt das Kloster eine Apotheke. Man kann darin ehrwürdige Salben, Balsame und Tinkturen kaufen, und jenseits der Kräutermedizin (die dort schon seit 1331 be- und vertrieben wird) auch Seifen, Shampoos, Cremes und Parfums. in solches Parfum bekam ich vor einiger Zeit geschenkt. Es duftet, richtig geraten, nach Jasmin und sonst nichts, was mir eine enorm erfreuliche Abwechslung ist zu den überkomponierten Parfums, die man sonst so kauft; und jedes Mal, wenn ich es trage, denke ich an das kühle, stille Kloster im Wald von Camaldoli.
Wahrscheinlich liegt es auch an dem Kamaldulenserparfum, dass ich letztens, als mir als Mitbringsel aus Padua ein kleines Glasfläschchen mit aufgeklebtem San Antonio überreicht wurde, sofort wusste, was zu tun ist. Tupfer hinters linke Ohr, Tupfer hinters rechte Ohr, Puls links, Puls rechts, dann schnuppern.
Nichts. Es war nämlich Weihwasser, nicht Parfum. Meiner Oma, die einen bei größeren Ausgängen nur nach obligatorischer Weihwasserbetupfung aus dem Haus gelassen hat, wäre dieser Fehler im Leben nicht passiert.
SE