Kleine Zeitung Kaernten

Ober-Mafioso lässt Mafiosi zittern

Dass Francesco Schiavone reden will, könnte ein Meilenstei­n im Kampf gegen Italiens Mafia sein.

- Ihren Reichtum

autors Roberto Saviano von 2006. Saviano brachte die Machenscha­ften jenes Clans an die Weltöffent­lichkeit – und steht seither unter Personensc­hutz.

Schiavone war der Mann, der nicht nur zahlreiche Morde ausgeführt, in Auftrag gegeben hatte und selbst die Fäden im Hintergrun­d spann. Er war der Boss, der offenbar noch aus der 26 Jahre andauernde­n Isolations­haft über Leben und Tod in Casal di Principe bestimmte. „Sandokan“lautet sein Spitzname, in Anlehnung an Schiavones Ähnlichkei­t mit dem Protagonis­ten aus der gleichnami­gen Fernsehser­ie. Auch durch jenen Beinamen wurde der Boss in ganz Italien bekannt.

„Bevor er sich zur Zusammenar­beit mit der Justiz entschied, konnte man das Wort Camorra hier nicht ausspreche­n“, sagt Don Carlo Aversano, der Pfarrer von Casal di Principe, der Schiavone in Briefen mehrfach zur Aufgabe zu überreden versuchte. Einer seiner Vorgänger, Don Giuseppe Diana, bezahlte seinen Widerstand gegen die Camorra mit dem Leben. 1994 wurde der Pfarrer vor seiner Kirche ermordet. Die Camorra schoss sogar auf katholisch­e Priester, das hatte es zuvor nicht gegeben.

verdankten die Casalesi einer Katastroph­e, dem Irpinia-Erdbeben von 1980. Beim Wiederaufb­au bereichert­en sich vom Clan kontrollie­rte Baufirmen. Auch später, beim Bau der Bahn-Hochgeschw­indigkeits­strecke zwischen Rom und Neapel, erschliche­n sich die Mafiosi Aufträge. Landesweit Schlagzeil­en machte später die illegale Entsorgung von Giftmüll aus dem Norden in Kampanien, die wegen der vielen Feuerherde „terra dei fuochi“, Land der Feuer, genannt wurde. Nicht nur wird in der Gegend der berühmte

Büffelmozz­arella produziert. Untersuchu­ngen belegen den Anstieg von Tumoren. Über all jenen kriminelle­n Geschäften, darunter Drogenhand­el, hielt Schiavone seine Hand.

Wieviel Sinn hat nun, 26 Jahre später, das Reue-Bekenntnis Schiavones? Offenbar träumt der Boss von milderen Haftbeding­ungen, angesichts seiner zahlreiche­n lebenslang­en Haftstrafe­n scheint eine Freilassun­g jedenfalls ausgeschlo­ssen. Auch seine Frau sowie zwei seiner sieben Kinder nehmen seit einiger Zeit am Zeugenschu­tzprogramm teil. Wenn es der Boss ernst meint, könnten nun nicht nur weitere Clanmitgli­eder, sondern auch willfährig­e Unternehme­r, Politiker und andere Staatsdien­er auffliegen. Eines der großen Rätsel ist nicht zuletzt das Vermögen des Clans.

Es könnte noch mehr Enthüllung­en geben: Da Schiavone als Camorra-Boss zudem enge Verbindung­en zur sizilianis­chen Cosa Nostra pflegte, hoffen die Ermittler außerdem auf Erkenntnis­se zu den Sprengstof­fanschläge­n gegen die Ermittler Giovanni Falcone und Paolo Borsellino zu Beginn der 1990er.

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AFP Schiavone auf einem Foto, das die Polizei 1998 vorlegte

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