Klagen gegen Temu und Shein in Planung
Nach Frankreich und Deutschland erwägen Konsumentenschützer auch in Österreich, gegen chinesische Billig-Apps vorzugehen. Der VKI sondiert bereits die Rechtslage.
Kein einziger europäischer Webshop ist 2023 auch nur annähernd so schnell gewachsen wie die chinesische Shopping-App Temu. 16 Milliarden Dollar soll deren Umsatz im Vorjahr betragen haben. Der chinesische Ultra-Fast-FashionAnbieter Shein erwirtschaftete sogar über 25 Milliarden Dollar.
Ein Wachstum wie ein Lauffeuer. Ermöglicht wird es durch fragwürdige Methoden: fehlende Produkthaftung, hohe Schadstoffgehalte, Umgehung von Verbraucherrechten und Zollbestimmungen. Und dann wäre da noch die Umweltbelastung durch die vielen Wegwerfartikel. Von „Schrott-Commerce“ist schon die Rede, und einer „Müllstraße, die sich da von China bis nach Österreich zieht“, wie es Handelsverbands-Geschäftsführer Rainer Will ausdrückt. Will sieht bei der EU ein „Vollzugsdefizit“gegenüber den chinesischen Anbietern und fordert eine sofortige Abschaffung der 150-Euro-Zollfreigrenze.
Währenddessen wird weiter geshoppt. Sportkleidung „mit bis zu 90 Prozent Rabatt“bietet Temu („Shoppen wie ein Milliardär“) derzeit an. Unter den „Frühlingsangeboten“auch Damenschuhe „ab 0,36 Euro“. Shein bietet im „heißen Deal“ein Sommerkleid um 8,05 Euro, ein Tanktop um 5,35 Euro. Die EU geht für 2023 von zwei Milliarden Paketen aus, die aus China unter dem Titel „zollfrei“nach Europa geliefert wurden. Zwei Drittel dieser als zollfrei deklarierten Päckchen könnten falsch ausgewiesen sein, um Zollgebühren zu umgehen und Einfuhrumsatzsteuer zu sparen. „Uns sind Fälle bekannt, in denen selbst bei Rücksendungen
Beeile dich, Kunde!
dunklen (Design-)Mustern, wollen Onlinehändler an Abonnements, Vertragsabschlüsse und Daten kommen. eine Anzeige, die wie ein
die europäischen Kunden aufgefordert werden, den Wert der Rücksendung bewusst falsch anzugeben, um sich den Zoll zu sparen. Quasi eine schriftliche Anleitung zum Zollbetrug“, sagt Will. Geflogen würden die Waren fast ausschließlich nach Ungarn, von wo sie dann nach Österreich weitertransportiert werden. In Ungarn sei „ein Durchwinken ohne strenge Kontrollen möglich. Für uns ein massives Problem“, sagt Unito-Geschäftsführer und Handelsverband-Vizepräsident Harald Gutschi. Nun nimmt der Verein für Konsumentenschutz (VKI) die Billigflut aus China ins
Visier. „Wir prüfen die Rechtslage und werden gegebenenfalls mit Klagen vorgehen“, sagt Petra Leupold, Leiterin der VKIKlagsabteilung.
betreffen laut Leupold lange Lieferzeiten, kostspielige Retouren, irreführende Rabatthöhen und schlechte Produktqualität. Teilweise werde auch das in Europa geltende zweiwöchige Rücktrittsrecht nicht anerkannt oder versucht, Kunden mit Gutscheinen abzuspeisen. Nach EURecht ist aber der Kaufpreis zu erstatten. Bei Rabatten in Beträgen oder Prozenten ist der vorherige niedrigste Preis der letzten 30 Tage als Referenzpreis anzugeben, um eine Irreführung zu vermeiden, so Leu
Inhalt aussieht, Buttons wie „Nein danke, ich mag es nicht, Geld zu sparen“, oder Texte wie „Beeile dich! Über 126 Personen haben diesen Artikel in ihrem Warenkorb“– das alles sind Dark Patterns.
pold. Verboten sind auch Behauptungen, dass Produktbewertungen „echt“seien – ohne dass geprüft wurde, ob sie tatsächlich echt sind.
Auch andere EU-Länder wollen gegen Schrott-Commerce vorgehen. So debattiert Frankreichs Parlament über einen Gesetzentwurf, der Fast-FashionKonzerne regulieren soll, etwa durch Aufschläge für Billigkleidung oder Werbeverbote. Die deutsche Verbraucherzentrale prüft vor allem manipulative Kaufanreize bei Temu: Glücksräder etwa oder Rabatt-Countdowns, die zum schnellen Schnäppchen animieren sollen. Doch sogenannte Dark Patterns (Dunkle Muster) sind in der EU seit Februar verboten. Temu weist die Vorwürfe von sich:
„Wir legen großen Wert auf den Schutz der Privatsphäre und halten unsere Datenpraktiken transparent. Temu sammelt Informationen ausschließlich zu dem Zweck, seinen E-CommerceService für die Nutzer bereitzustellen und zu verbessern. Temu sammelt weniger Benutzerinformationen als andere Apps wie Amazon.“
In Bezug auf Produktsicherheit verpflichte sich Temu, „die Gesetze und Vorschriften aller Länder und Regionen, in denen wir tätig sind, einzuhalten. Wir haben eng mit unseren Händlern zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass sie EU-Anforderungen erfüllen, und haben Produkte, die nicht der Norm entsprachen, umgehend aus dem Angebot genommen“.