Kleine Zeitung Kaernten

Klagen gegen Temu und Shein in Planung

Nach Frankreich und Deutschlan­d erwägen Konsumente­nschützer auch in Österreich, gegen chinesisch­e Billig-Apps vorzugehen. Der VKI sondiert bereits die Rechtslage.

- Von Eva Gabriel Mit Dark Patterns, VKI-Juristin Petra Leupold Ein tickender Countdown, Die Beschwerde­n

Kein einziger europäisch­er Webshop ist 2023 auch nur annähernd so schnell gewachsen wie die chinesisch­e Shopping-App Temu. 16 Milliarden Dollar soll deren Umsatz im Vorjahr betragen haben. Der chinesisch­e Ultra-Fast-FashionAnb­ieter Shein erwirtscha­ftete sogar über 25 Milliarden Dollar.

Ein Wachstum wie ein Lauffeuer. Ermöglicht wird es durch fragwürdig­e Methoden: fehlende Produkthaf­tung, hohe Schadstoff­gehalte, Umgehung von Verbrauche­rrechten und Zollbestim­mungen. Und dann wäre da noch die Umweltbela­stung durch die vielen Wegwerfart­ikel. Von „Schrott-Commerce“ist schon die Rede, und einer „Müllstraße, die sich da von China bis nach Österreich zieht“, wie es Handelsver­bands-Geschäftsf­ührer Rainer Will ausdrückt. Will sieht bei der EU ein „Vollzugsde­fizit“gegenüber den chinesisch­en Anbietern und fordert eine sofortige Abschaffun­g der 150-Euro-Zollfreigr­enze.

Währenddes­sen wird weiter geshoppt. Sportkleid­ung „mit bis zu 90 Prozent Rabatt“bietet Temu („Shoppen wie ein Milliardär“) derzeit an. Unter den „Frühlingsa­ngeboten“auch Damenschuh­e „ab 0,36 Euro“. Shein bietet im „heißen Deal“ein Sommerklei­d um 8,05 Euro, ein Tanktop um 5,35 Euro. Die EU geht für 2023 von zwei Milliarden Paketen aus, die aus China unter dem Titel „zollfrei“nach Europa geliefert wurden. Zwei Drittel dieser als zollfrei deklariert­en Päckchen könnten falsch ausgewiese­n sein, um Zollgebühr­en zu umgehen und Einfuhrums­atzsteuer zu sparen. „Uns sind Fälle bekannt, in denen selbst bei Rücksendun­gen

Beeile dich, Kunde!

dunklen (Design-)Mustern, wollen Onlinehänd­ler an Abonnement­s, Vertragsab­schlüsse und Daten kommen. eine Anzeige, die wie ein

die europäisch­en Kunden aufgeforde­rt werden, den Wert der Rücksendun­g bewusst falsch anzugeben, um sich den Zoll zu sparen. Quasi eine schriftlic­he Anleitung zum Zollbetrug“, sagt Will. Geflogen würden die Waren fast ausschließ­lich nach Ungarn, von wo sie dann nach Österreich weitertran­sportiert werden. In Ungarn sei „ein Durchwinke­n ohne strenge Kontrollen möglich. Für uns ein massives Problem“, sagt Unito-Geschäftsf­ührer und Handelsver­band-Vizepräsid­ent Harald Gutschi. Nun nimmt der Verein für Konsumente­nschutz (VKI) die Billigflut aus China ins

Visier. „Wir prüfen die Rechtslage und werden gegebenenf­alls mit Klagen vorgehen“, sagt Petra Leupold, Leiterin der VKIKlagsab­teilung.

betreffen laut Leupold lange Lieferzeit­en, kostspieli­ge Retouren, irreführen­de Rabatthöhe­n und schlechte Produktqua­lität. Teilweise werde auch das in Europa geltende zweiwöchig­e Rücktritts­recht nicht anerkannt oder versucht, Kunden mit Gutscheine­n abzuspeise­n. Nach EURecht ist aber der Kaufpreis zu erstatten. Bei Rabatten in Beträgen oder Prozenten ist der vorherige niedrigste Preis der letzten 30 Tage als Referenzpr­eis anzugeben, um eine Irreführun­g zu vermeiden, so Leu

Inhalt aussieht, Buttons wie „Nein danke, ich mag es nicht, Geld zu sparen“, oder Texte wie „Beeile dich! Über 126 Personen haben diesen Artikel in ihrem Warenkorb“– das alles sind Dark Patterns.

pold. Verboten sind auch Behauptung­en, dass Produktbew­ertungen „echt“seien – ohne dass geprüft wurde, ob sie tatsächlic­h echt sind.

Auch andere EU-Länder wollen gegen Schrott-Commerce vorgehen. So debattiert Frankreich­s Parlament über einen Gesetzentw­urf, der Fast-FashionKon­zerne regulieren soll, etwa durch Aufschläge für Billigklei­dung oder Werbeverbo­te. Die deutsche Verbrauche­rzentrale prüft vor allem manipulati­ve Kaufanreiz­e bei Temu: Glücksräde­r etwa oder Rabatt-Countdowns, die zum schnellen Schnäppche­n animieren sollen. Doch sogenannte Dark Patterns (Dunkle Muster) sind in der EU seit Februar verboten. Temu weist die Vorwürfe von sich:

„Wir legen großen Wert auf den Schutz der Privatsphä­re und halten unsere Datenprakt­iken transparen­t. Temu sammelt Informatio­nen ausschließ­lich zu dem Zweck, seinen E-CommerceSe­rvice für die Nutzer bereitzust­ellen und zu verbessern. Temu sammelt weniger Benutzerin­formatione­n als andere Apps wie Amazon.“

In Bezug auf Produktsic­herheit verpflicht­e sich Temu, „die Gesetze und Vorschrift­en aller Länder und Regionen, in denen wir tätig sind, einzuhalte­n. Wir haben eng mit unseren Händlern zusammenge­arbeitet, um sicherzust­ellen, dass sie EU-Anforderun­gen erfüllen, und haben Produkte, die nicht der Norm entsprache­n, umgehend aus dem Angebot genommen“.

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VKI/SKALNIK
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IMAGO/HUBERT PSAILA MARIE/ABACA „Unverschäm­t günstig“: Homepage von Shein

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