Eine Frau mit großen Zielen
Premierministerin tritt zurück, will aber Islands Präsidentin werden.
ur im allerersten Moment sah es aus, als hätte sie mittlerweile genug von der Politik: Islands Premierministerin Katrín Jakobsdóttir (und Vorsitzende der Links-Grünen Bewegung) trat nach sieben Jahren zurück, bewarb sich aber zeitgleich für das Präsidentenamt der vulkangeborenen Insel im Nordatlantik.
Beides gab sie jüngst in einem Video an die 382.000-SeelenNation bekannt und setzt ihre schon länger erkennbaren Ambitionen in die Tat um: Am 1. Juni wird in Island ein neuer Präsident – oder eine neue Präsidentin – gewählt. Jakobsdóttir, die vom neuen Ministerpräsidenten Bjarni Benediktsson beerbt wurde, dürfte durchaus gute Chancen haben.
Jakobsdóttir ist eine Vertreterin von jungen, willensstarken, gut vernetzten Politikerinnen in Europa, die mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg halten. Als etwa Islands Frauen für gerechtere Gehälter auf die Straße gingen, war sie an ihrer Seite. Klimaschutz steht für die Couragierte über
Nallem – in ihrer Ära wurde der Beschluss gefasst, Island bis 2040 klimaneutral zu machen. An ihrer Abscheu gegenüber der russischen Aggression in der Ukraine ließ sie keine Zweifel. Jakobsdóttir, die Isländisch und Französisch studierte, hat abseits der Politik aber noch andere Talente: Zusammen mit dem Co-Autor Ragnar Jónasson schrieb sie während des Corona-Lockdowns den Krimi „Reykjavík“, der von den Kritikern gelobt wurde – und sich glänzend verkaufte: „In Krimis geht es darum, dass man niemandem vertrauen kann. Genauso funktioniert Politik auch.“Nun, diese Ahnung könnte einen womöglich auch hierzulande beschleichen. Am Ende geht es im Leben wohl auch um die gebotene Gelassenheit: Als es während eines großen Zeitungsinterviews auf der von Naturgewalten beherrschten Insel heftig bebte, blieb Jakobsdóttir cool wie Eis am Vatnajökull-Gletscher. So sei Island eben, sagte die dreifache Mutter.
Die Meinung in diesem Gastkommentar muss sich nicht mit jener der Redaktion decken.