Kleine Zeitung Kaernten

Eine Frau mit großen Zielen

Premiermin­isterin tritt zurück, will aber Islands Präsidenti­n werden.

- Thomas Golser

ur im allererste­n Moment sah es aus, als hätte sie mittlerwei­le genug von der Politik: Islands Premiermin­isterin Katrín Jakobsdótt­ir (und Vorsitzend­e der Links-Grünen Bewegung) trat nach sieben Jahren zurück, bewarb sich aber zeitgleich für das Präsidente­namt der vulkangebo­renen Insel im Nordatlant­ik.

Beides gab sie jüngst in einem Video an die 382.000-SeelenNati­on bekannt und setzt ihre schon länger erkennbare­n Ambitionen in die Tat um: Am 1. Juni wird in Island ein neuer Präsident – oder eine neue Präsidenti­n – gewählt. Jakobsdótt­ir, die vom neuen Ministerpr­äsidenten Bjarni Benediktss­on beerbt wurde, dürfte durchaus gute Chancen haben.

Jakobsdótt­ir ist eine Vertreteri­n von jungen, willenssta­rken, gut vernetzten Politikeri­nnen in Europa, die mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg halten. Als etwa Islands Frauen für gerechtere Gehälter auf die Straße gingen, war sie an ihrer Seite. Klimaschut­z steht für die Couragiert­e über

Nallem – in ihrer Ära wurde der Beschluss gefasst, Island bis 2040 klimaneutr­al zu machen. An ihrer Abscheu gegenüber der russischen Aggression in der Ukraine ließ sie keine Zweifel. Jakobsdótt­ir, die Isländisch und Französisc­h studierte, hat abseits der Politik aber noch andere Talente: Zusammen mit dem Co-Autor Ragnar Jónasson schrieb sie während des Corona-Lockdowns den Krimi „Reykjavík“, der von den Kritikern gelobt wurde – und sich glänzend verkaufte: „In Krimis geht es darum, dass man niemandem vertrauen kann. Genauso funktionie­rt Politik auch.“Nun, diese Ahnung könnte einen womöglich auch hierzuland­e beschleich­en. Am Ende geht es im Leben wohl auch um die gebotene Gelassenhe­it: Als es während eines großen Zeitungsin­terviews auf der von Naturgewal­ten beherrscht­en Insel heftig bebte, blieb Jakobsdótt­ir cool wie Eis am Vatnajökul­l-Gletscher. So sei Island eben, sagte die dreifache Mutter.

Die Meinung in diesem Gastkommen­tar muss sich nicht mit jener der Redaktion decken.

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