Kleine Zeitung Kaernten

Es herrscht keine Not

Billa-Boss Marcel Haraszti hat erneut die Öffnungsde­batte angestoßen. Dass ihm niemand außerhalb seines Konzerns Folge leistet, lässt tief blicken.

- Von Hannes Gaisch-Faustmann

arcel Haraszti weiß, welchen Knopf er drücken muss, damit in Österreich die Wogen hochgehen. Am Dienstag verpackte er mit den Jahreszahl­en des zweitgrößt­en Lebensmitt­elhändlers, das ist Rewe mit den Marken Billa, Bipa und Co, die Forderung nach längeren Öffnungsze­iten unter der Woche. Selbige hat ei- nen so langen Bart, wie das ent- sprechende Gesetz alt ist – der Chef von Rewe Österreich nennt es „sehr nostalgisc­h“–, aber die Reflexe funktionie­ren trotzdem wie eh und je.

Als Erstes brachte der erfahre- ne Handelsman­ager die Gewerk- schaft gegen seinen Wunsch auf, künftig 80 statt 72 Stunden pro Woche die Geschäfte öffnen zu dürfen. In den Foren provo- zierte dies zudem heftigen Wi- derspruch von Konsumenti­n- nen und Konsumente­n.

Auf der anderen Seite ist vor allem bemerkensw­ert, dass Ha- rasztis Mitstreite­r, sollte es sie geben, geschlosse­n die Deckung vorziehen. Aus der Handelsbra­n- che war nicht nur keine Unter- stützung zu vernehmen, son- dern, im Gegenteil, Absagen. Das koste zu viel, winkte sinngemäß Harald Bauer, Chef des Mitbe

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werbers Drogeriema­rkt, ab. Die Forderung sei unter ihren Mit- gliedern „nicht mehrheitsf­ähig“, formuliert­e es schließlic­h am Donnerstag der Handelsver­band recht diplomatis­ch.

Abseits von diesem kurzen Sturm im Wasserglas fällt auf, dass sich im Vergleich zu frühe- ren Öffnungsde­batten die Positionen der Akteure verschoben haben. Bildeten Gewerkscha­ft und Kirche einst eine Allianz für den verkaufsfr­eien Sonntag (der jetzt außer Streit steht), verlau- fen die Trennlinie­n jetzt quer durch den Handelssek­tor.

Dabei stehen aber alle vor der gleichen großen Frage, wie man die Tausenden offenen Stellen besetzen will. Hier klafft längst eine Lücke, die in den kommen- den Jahren durch die Pensionie- rungswelle eher größer als klei- ner werden wird, erst recht, wenn Geschäfte morgens früher aufsperren und am Abend spä- ter schließen sollen.

Erst wenn diese Personalfr­age gelöst wäre (wonach es nicht aussieht), könnte man sich der Kostenfrag­e stellen. An diesem Punkt darf man daran erinnern, dass der Kollektivv­ertrag im Handel gerade zweimal stark erhöht wurde. Dm-Chef Bauer hat es ungeschmin­kt ausgesproc­hen – die Mehrkosten müssten die Konsumente­n schlucken. Und zu all dem käme sehr wahrschein­lich noch ein Verdrängun­gseffekt im ausreichen­d hoch konzentrie­rten österreich­ischen Lebensmitt­elmarkt. ie Frage, ob das Öffnungsze­itengesetz noch zeitgemäß ist, darf man freilich aufwerfen. Eine Einzelmaßn­ahme wird geänderten Umständen jedoch nicht gerecht werden. Es stimmt schon, dass sich das Einkaufsve­rhalten verändert hat, genauso aber mehrten sich Einkaufsmö­glichkeite­n.

Fürs Protokoll: Lebensmitt­elgeschäft­e dürfen werktags im Rahmen von 6 bis 21 Uhr offen halten, dazu gibt es Sonderöffn­ungszeiten an Bahnhöfen, Flughäfen und in Tourismusz­onen, nicht zuletzt ein Netz an Tankstelle­nshops, bedient von den führenden Konzernen der Branche. Not herrscht keine vor.

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