Eine Wunde, die sich nicht heilen lässt
Die Volksoper zeigt zum Puccini-Jahr „La Rondine“, dekonstruiert von Lotte de Beer.
a Rondine“hatte es immer schwer. Puccinis Verlag lehnte die Drucklegung mit dem Hinweis ab, es handle sich bei dem neuen Werk seines Erfolgskomponisten um „schlechten Lehár“. Die Uraufführung im Wiener Carltheater, das den lukrativen Auftrag für eine Puccini-Operette 1912 vergeben hatte, verhinderte der Erste Weltkrieg. In Monte Carlo musste 1917 französisch gesungen werden. Die Volksoper zeigte das Werk 1920 in einer holprigen deutschen Rückübersetzung, 104 Jahre später wird die „commedia lirica“italienisch gesungen.
Die mehrfachen Brechungen in der Entstehungsgeschichte und Puccinis Ambivalenz gegenüber der selbst gewählten Gattung nimmt Lotte de Beer zum Anlass, einzugreifen. Sie überschreibt den klischeereichen Text oder lässt ihn auf zentraler Projektionsfläche durch Beschreibungen der Gefühle der Figuren ersetzen. Den Dichter Prunier lässt sie vor unseren Augen die Gestalten
Lerfinden, deren eine er ist. Das gibt dem Dienstmädchen Lisette die Chance, dem verliebten Autor ihre feministischen Verbesserungen zu diktieren.
Der stärkste Eingriff: Alexander Joel, der Puccini straff, elegant und kühl dirigiert, hat der im Pianissimo verebbenden Oper ein dreiminütiges Medley hinzugefügt. Lotte de Beer spielt dazu mit Witz verschiedene Finalvarianten durch. Zuletzt verlassen die beiden Frauen Hand in Hand den „goldenen Käfig“– ein Sieg der Frauen über die „unerträglichen Männerfantasien“.
Bei so viel Distanzierung fällt es schwer, sich dem Sog der filigranen Musik hinzugeben. Matilda Sterby, die zwischen Liebe und Wohlleben schwankende Magda, dominiert mit strahlendem Sopran das musikalische Geschehen. Dass Leonardo Capalbo als Ruggero ihr stimmlich nicht das Wasser reichen kann, trübt den Abend.
volksoper.at
Puccinis „La Rondine“in der Wiener Volksoper
Schneider und Johann Lafer mit „Pastizzi“, gefüllten Teigtaschen