Kleine Zeitung Kaernten

Entzauberl­ehrling

In Deutschlan­d wie in anderen Ländern stellt sich die Frage: Wie umgehen mit Rechtsauße­nparteien wie der AfD? Inhaltlich stellen, lautet die Antwort.

- Von Peter Riesbeck

ie Befürchtun­gen waren groß. Vor der TV-Debatte zwischen AfD-Frontmann Björn Höcke, Vertreter des als rechtsextr­em eingestuft­en Flügels der Partei, und dem thüringisc­hen CDU-Politiker Mario Voigt hatten viele erwartet, der Unionsabge­ordnete könne nur verlieren. Nach siebzig Minuten Fernsehdue­ll steht fest: Der bundespoli­tisch zuvor völlig un- bekannte Voigt entpuppte sich als kleiner Entzauberl­ehrling. Auch und vor allem, weil er sich klar von der AfD abgrenzte.

Die Frage über den Umgang mit Rechtsauße­nparteien wird heftig diskutiert – nicht nur in Deutschlan­d. Zwischen Rügen und dem Erzgebirge stellt sich zunächst die Frage, ob mit der AfD überhaupt gesprochen wird. In Thüringen lehnt es Minister- präsident Bodo Ramelow von der Linksparte­i kategorisc­h ab, mit AfD-Vertretern in einer De- battenrund­e aufzutrete­n. Ähn- lich hielt es zuvor in Rheinland- Pfalz auch Regierungs­chefin Malu Dreyer von der SPD. Wa- rum sich klein machen für die AfD?

Voigt zeigte aber vor allem, dass sich die argumentat­ive Auseinande­rsetzung mitunter

Dredaktion@kleinezeit­ung.at

lohnt. Der CDU-Spitzenkan­didat stellte Höcke, der in Thüringen die Umfragen anführt, inhalt- lich, blieb bei der Frage einer möglichen Kooperatio­n aber konsequent. Nicht mit dieser AfD.

Rechtsauße­n Ausgrenzen oder Entzaubern? Ein Blick quer durch Europa unterstrei­cht, wie komplex die Lage ist. In Frank- reich garantiert das Mehrheits- wahlsystem, dass der extreme Rassemblem­ent National (RN) von Marine Le Pen von der Macht ferngehalt­en wird. In par- lamentaris­chen Systemen ist es schwierige­r. In Italien (Salvini, Meloni) und den Niederland­en (Wilders) zeigt sich, dass das Einbinden über Koalitione­n nur der Anfang vom weiteren Auf- stieg war. Gleichzeit­ig sind au- ßenpolitis­che Radikalrea­ktio- nen wie im Fall Österreich­s vor zwei Jahrzehnte­n in Europa nicht mehr denkbar. Meloni ver- handelt im Kreis der EU-Oberen längst mit, zuletzt bei den Flüchtling­sdeals mit Ägypten und Tunesien.

Die Frage, die sich derzeit für bürgerlich­e Parteien stellt, ist ohnehin ein andere. Gerade hat die EU die strikteste Wende ihrer Asylpoliti­k seit mehr als drei Jahrzehnte­n besiegelt. In Deutschlan­d stimmten selbst die Grünen als Regierungs­partei der Einrichtun­g von Asylzentre­n an der EU-Außengrenz­e zu. Es nützt deshalb wenig, wie die CSU in Bayern und der christdemo­kratische Fraktionsc­hef Manfred Weber im EU-Parlament weiter von Obergrenze­n zu reden. Erstens sind sie mit dem EU-Recht ohnehin schwer vereinbar. Zweitens verwässert das nur die radikale Wende, die jetzt in der Migrations­politik beschlosse­n wurde. ie demokratis­chen Parteien müssen unterstrei­chen, dass sie längst handeln – nicht nur im Europawahl­kampf. Das entzieht der größten Mär von Rechtsauße­n das wichtigste Argument – dass die Politik nichts unternehme. Die Politik handelt. Sie muss das aber auch betonen und die Rechtspopu­listen stellen. So wie jetzt Mario Voigt in Thüringen.

D

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria