Abenteuer bleiben aus
Jungsein heutzutage ist nicht schön. Wo ist das Gefühl, dass man alles kann, wenn man will, das Leben vielversprechend und schillernd ist? Im zweiten Roman der deutschen Autorin Ilona Hartmann ist die Welt für die jugendliche Ich-Erzählerin grau und enttäuschend: Da ist die Scheidung der Eltern, „deren wichtigster Erziehungsinhalt Zusammenreißen war“, da sind Fachwerkhäuser als pittoreske Kulissen und schlechte Busverbindungen dorthin, wo sich scheinbar das Leben abspielt.
Mit ihren Freunden Mounia und Leon wagt sie in „Klarkommen“nach der Matura den Wechsel von der Kleinstadtidylle in die Universitätsstadt – abenteuerlustig und voller Erwartungen, aber ohne konkrete Pläne. Doch die Abenteuer bleiben aus, die Zeit zerrinnt zwischen den Fingern und die drei Freunde müssen „zerknirscht feststellen, dass fast alles Geld kostete“.
Es sind oft nur kurze Kapitel, die Hartmann für die Schilderung ihrer Anti-Heldin reichen, doch die sind dicht. Das wenig aufregende Leben in dieser Entwicklungsgeschichte wird mit teils überraschenden sprachlichen Bildern geschildert – und ist für die Leserin, anders als für die Ich-Erzählerin, gar nicht langweilig.
Ilona Hartmann. Klarkommen. Ullstein. 188 Seiten, 22 Euro.
ieder geht es um CareArbeit, also das SichKümmern um Familie, Kinder, Haushalt und Pflege, für die Frauen zuständig scheinen: „Das Patriarchat kann sich darauf verlassen, wann immer irgendwo ein Kind oder eine alte Person umfällt, kommt eine Frau und hebt es auf.“Doch diesmal ist es nicht die Erschöpfung einer einzelnen Frau, die nicht mehr mitmachen will. Diesmal sind es viele. Sie legen sich im stillen Protest auf die Straße vor einem Krankenhaus, lassen die Zufahrt frei, kleben sich zwar nicht an, doch sie verweigern
Wr führte seinen Kampf gegen die Mafia nicht allein, was seine Heldenhaftigkeit nicht schmälert. Giovanni Falcone war einer der Richter und Staatsanwälte von Palermo, die in den Achtzigerjahren den Kampf mit der Krake aufgenommen haben. In dieser Zeit tobte der zweite große Mafiakrieg auf Sizilien, in dem die Gruppe der „Corleonesi“nach der uneingeschränkten Macht griff und versuchte, die palermitanischen Familien zu vernichten. Das Wort Krieg trifft es: Mindestens 600 bis 700, wahrscheinlich eher 1000 Tote zählte die „mattanza“, benannt nach dem blutigen Abschlachten von Thunfischen.
Esich dem, was von den Männern als ihre Aufgabe gesehen wird. Bald eskaliert die Situation.
Ausgehend von Iris, einer ausgebildeten Ärztin und Mutter, die aber nur als Ordinationshilfe für ihren Mann arbeiten darf, ihrer Enkelin Elin, einer gelangweilten Influencerin sowie deren Tante Ruth, selbstlose Krankenschwester und Mutter eines bereits verstorbenen behinderten Sohnes, entwickelt sich die Protestaktion zu einer gesellschaftlichen Revolte. Elin hat Oma und Tante zuvor gar nicht gekannt, weil ihre Mutter, die selbstbewusste und alleinstehende Unternehmerin Alma, ihr mit einem alternativen Familienmodell beweisen wollte, dass sich Frauen nicht in weibliche Rollenklischees fügen müssen, so wie es Iris und Ruth getan haben. Es sind die Stimmen von Elin, Ruth und Nuri, einem sensiblen Neunzehnjährigen, der „keinen Vorstellungen von Männlichkeit entsprechen will“,
So wie in Mareike Fallwickls Debüt „Die Wut, die bleibt“sind es auch in „Und alle so still“drei Frauen, die sich gegen die Männer-Welt auflehnen. Diesmal gewaltfrei.
zusammenarbeiteten, damit mit dem Tod eines Einzelnen nicht zu viel Wissen verloren gehen konnte.
Saviano, der sich vermutlich ein Stück weit mit Falcone identifiziert, springt im Roman zwischen den Zeiten und den Orten, um das kriminelle Geflecht und den Versuch, es aufzudröseln, zu dokumentieren. Ihm gelingen die nüchternen Schilderungen dieses Kampfes packender als die romanhaften, emotionalen Szenen. Ein Manko ist die teilweise umständliche Übersetzung aus dem Italienischen.
1992 sprengte die Mafia einen Teil der A 29, Falcones Autokonvoi wurde von 500 Kilo TNT zerstört. Falcone und vier weitere Menschen fanden den Tod. Am Ende des Buches ist das einzige Foto abgedruckt. Es zeigt Falcone, einen freundlich, ja gemütlich aussehenden Mann mit Schnurrbart über dem breiten Grinsen, beim Öffnen von zwei Fensterbalken.