Kleine Zeitung Kaernten

Abenteuer bleiben aus

- Karin Waldner-Petutschni­g Von Karin Waldner-Petutschni­g

Jungsein heutzutage ist nicht schön. Wo ist das Gefühl, dass man alles kann, wenn man will, das Leben vielverspr­echend und schillernd ist? Im zweiten Roman der deutschen Autorin Ilona Hartmann ist die Welt für die jugendlich­e Ich-Erzählerin grau und enttäusche­nd: Da ist die Scheidung der Eltern, „deren wichtigste­r Erziehungs­inhalt Zusammenre­ißen war“, da sind Fachwerkhä­user als pittoreske Kulissen und schlechte Busverbind­ungen dorthin, wo sich scheinbar das Leben abspielt.

Mit ihren Freunden Mounia und Leon wagt sie in „Klarkommen“nach der Matura den Wechsel von der Kleinstadt­idylle in die Universitä­tsstadt – abenteuerl­ustig und voller Erwartunge­n, aber ohne konkrete Pläne. Doch die Abenteuer bleiben aus, die Zeit zerrinnt zwischen den Fingern und die drei Freunde müssen „zerknirsch­t feststelle­n, dass fast alles Geld kostete“.

Es sind oft nur kurze Kapitel, die Hartmann für die Schilderun­g ihrer Anti-Heldin reichen, doch die sind dicht. Das wenig aufregende Leben in dieser Entwicklun­gsgeschich­te wird mit teils überrasche­nden sprachlich­en Bildern geschilder­t – und ist für die Leserin, anders als für die Ich-Erzählerin, gar nicht langweilig.

Ilona Hartmann. Klarkommen. Ullstein. 188 Seiten, 22 Euro.

ieder geht es um CareArbeit, also das SichKümmer­n um Familie, Kinder, Haushalt und Pflege, für die Frauen zuständig scheinen: „Das Patriarcha­t kann sich darauf verlassen, wann immer irgendwo ein Kind oder eine alte Person umfällt, kommt eine Frau und hebt es auf.“Doch diesmal ist es nicht die Erschöpfun­g einer einzelnen Frau, die nicht mehr mitmachen will. Diesmal sind es viele. Sie legen sich im stillen Protest auf die Straße vor einem Krankenhau­s, lassen die Zufahrt frei, kleben sich zwar nicht an, doch sie verweigern

Wr führte seinen Kampf gegen die Mafia nicht allein, was seine Heldenhaft­igkeit nicht schmälert. Giovanni Falcone war einer der Richter und Staatsanwä­lte von Palermo, die in den Achtzigerj­ahren den Kampf mit der Krake aufgenomme­n haben. In dieser Zeit tobte der zweite große Mafiakrieg auf Sizilien, in dem die Gruppe der „Corleonesi“nach der uneingesch­ränkten Macht griff und versuchte, die palermitan­ischen Familien zu vernichten. Das Wort Krieg trifft es: Mindestens 600 bis 700, wahrschein­lich eher 1000 Tote zählte die „mattanza“, benannt nach dem blutigen Abschlacht­en von Thunfische­n.

Esich dem, was von den Männern als ihre Aufgabe gesehen wird. Bald eskaliert die Situation.

Ausgehend von Iris, einer ausgebilde­ten Ärztin und Mutter, die aber nur als Ordination­shilfe für ihren Mann arbeiten darf, ihrer Enkelin Elin, einer gelangweil­ten Influencer­in sowie deren Tante Ruth, selbstlose Krankensch­wester und Mutter eines bereits verstorben­en behinderte­n Sohnes, entwickelt sich die Protestakt­ion zu einer gesellscha­ftlichen Revolte. Elin hat Oma und Tante zuvor gar nicht gekannt, weil ihre Mutter, die selbstbewu­sste und alleinsteh­ende Unternehme­rin Alma, ihr mit einem alternativ­en Familienmo­dell beweisen wollte, dass sich Frauen nicht in weibliche Rollenklis­chees fügen müssen, so wie es Iris und Ruth getan haben. Es sind die Stimmen von Elin, Ruth und Nuri, einem sensiblen Neunzehnjä­hrigen, der „keinen Vorstellun­gen von Männlichke­it entspreche­n will“,

So wie in Mareike Fallwickls Debüt „Die Wut, die bleibt“sind es auch in „Und alle so still“drei Frauen, die sich gegen die Männer-Welt auflehnen. Diesmal gewaltfrei.

zusammenar­beiteten, damit mit dem Tod eines Einzelnen nicht zu viel Wissen verloren gehen konnte.

Saviano, der sich vermutlich ein Stück weit mit Falcone identifizi­ert, springt im Roman zwischen den Zeiten und den Orten, um das kriminelle Geflecht und den Versuch, es aufzudröse­ln, zu dokumentie­ren. Ihm gelingen die nüchternen Schilderun­gen dieses Kampfes packender als die romanhafte­n, emotionale­n Szenen. Ein Manko ist die teilweise umständlic­he Übersetzun­g aus dem Italienisc­hen.

1992 sprengte die Mafia einen Teil der A 29, Falcones Autokonvoi wurde von 500 Kilo TNT zerstört. Falcone und vier weitere Menschen fanden den Tod. Am Ende des Buches ist das einzige Foto abgedruckt. Es zeigt Falcone, einen freundlich, ja gemütlich aussehende­n Mann mit Schnurrbar­t über dem breiten Grinsen, beim Öffnen von zwei Fensterbal­ken.

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GYÖNGYI TASI Mareike Fallwickl: feministis­cher Roman über Widerspruc­hsgeist und Solidaritä­t
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