So flog Millionenbetrug in Bankfiliale auf
Den 19. September 2023 werden sich die Chefs der Volksbank (VB) Kärnten länger merken. An diesem Tag rief ein Kunde aus Deutschland beim Leiter der Filiale in Villach an. Der Mann wollte wissen, warum sein Berater darauf dränge, die seit mehr als 40 Jahren bestehende Geschäftsbeziehung mit ihm zu beenden.
Es war ein Anruf mit Sprengkraft – für alle Beteiligten: Der Deutsche musste feststellen, dass sein Depotkonto schon 2016 aufgelöst worden ist, ohne sein Wissen. Schlimmer: Von den 740.000 Euro, die auf dem Konto sein sollten, war nichts mehr da. Das änderte sich nicht, als drei Tage später der Sohn des Deutschen in der Filiale anrief. Ebenso wenig wie Kontoauszüge, die er noch im August 2023 von seinem Berater persönlich bekommen hat und die ein sattes Plus zeigten. Die Auszüge waren gefälscht, das Konto aufgelöst und das Geld weg.
Ein Deutscher brachte den Skandal in Villach im vergangenen September ins Rollen. Bankberater (53) soll Kunden um mehrere Millionen Euro betrogen haben. Er bestreitet alle Vorwürfe.
Für das Geldinstitut ging mit dem Anruf eine Reise los, deren Ende noch lange nicht in Sicht ist und die wohl im millionenschweren Fiasko enden wird. Am 25. September wurde der VBVorstand über die Vorwürfe gegen den Mitarbeiter (53) informiert. Eine Sonderprüfung wurde gestartet.
Ebenfalls am 25. September wurde der 53-Jährige in die Zentrale nach Klagenfurt bestellt und vom Vorstand mit den Vorwürfen konfrontiert. Der 53-Jährige bestritt diese und beschuldigte seine Kunden aus Deutschland, die Kontoauszüge gefälscht zu haben. Seine Vorgesetzten glaubten ihm nicht und stellten den Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung dienstfrei. Gleichzeitig wurden ihm alle Berechtigungen für bankinterne Systeme (Zutritte, EDV) entzogen.
Damit ging der Kriminalfall richtig los: Der Banker fuhr allein zurück zur Filiale in Villach, die er nicht mehr betreten konnte. Doch seine Lebensgefährtin, die damals ebenfalls bei dem Geldinstitut gearbeitet hat, erwartete ihn. Sie öffnete ihrem Freund die Tür und die beiden gingen ins Büro des 53-Jährigen, so steht es in einem Prüfbericht. Dort nahm er persönliche Gegenstände mit, gab die Frau später an, und die beiden verließen über getrennte Ausgänge die Filiale.
Der Berater wartete danach vor der Filiale auf das Eintreffen des Filialleiters und eines Mitarbeiters der Revisionsabteilung. Nur gemeinsam mit ihnen durfte er die Räumlichkeiten betreten. Dass er zuvor schon in seinem Büro war, wurde erst bekannt, als Aufnahmen aus der Videoüberwachung ausgewertet wurden.
Am nächsten Tag (26. Septem
ber 2023) wurde der Bankberater fristlos gekündigt, am 2. November zeigte die Volksbank ihn an. Der 53-Jährige gab nicht auf, im Gegenteil: Er brachte Klage gegen seine Entlassung ein (das Verfahren ruht bis zum Ende der strafrechtlichen Ermittlungen) und er forderte Zugriff auf sein gesperrtes und mit 152.700 Euro gut gefülltes Lohnkonto. Die Volksbank verweigerte.
In den folgenden Wochen meldeten sich vier weitere Kunden des 53-Jährigen. Sie alle teilten dasselbe Schicksal: Ihre Depotund Depotverrechnungskonten waren ohne ihr Wissen, teilweise vor Jahren, aufgelöst worden. Dennoch erhielten sie von ihrem Berater weiterhin (gefälschte) Kontoauszüge, und wenn sie danach fragten, auch Geld. Allerdings nur in bar und nur im Büro des Mitarbeiters in der Villacher Filiale. Kommuniziert wurde ausschließlich über sein Privathandy.
Mit allen seinen (betrogenen) Kunden blieb der Villacher stets in Kontakt, auch nach seiner Entlassung, von der die Kunden allerdings nichts wussten. Es gab regelmäßige Treffen und Telefonate. Und zuletzt haben alle Kunden Unsummen verloren. Allein den zuvor angeführten sechs Betrugsopfern dürfte ein Gesamtschaden von rund 2,74 Millionen Euro entstanden sein.
Nach dem 53-Jährigen wurde auch seine Lebensgefährtin entlassen. Der mutmaßliche Betrüger wurde Mitte März festgenommen und ist seitdem in der Justizanstalt Klagenfurt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts des Betrugs und der Untreue. Laut seinem Anwalt Philipp Tschernitz „bestreitet er alle Vorwürfe“. Für den Villacher gilt die Unschuldsvermutung.