Kleine Zeitung Kaernten

Noch kein Heidschi-Bum-Beidschi

Warum die Bundesliga keine Auspeitsch­er braucht.

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uschauer peitscht Spieler? Klingt fast so verrückt wie Briefträge­r beißt Hund oder Hase erschießt Jäger. Dabei ist das dieser Tage wirklich geschehen. Nach dem Finale des saudischen Supercups in Abu Dhabi hat ein aufgebrach­ter Zuseher seine Peitsche Richtung Abderrazak Hamdallah geschwunge­n. Der Marokkaner, Schütze des zwischenze­itlichen Ausgleichs für Al-Ittihad aus Dschidda, ging mit einer 1:4 Niederlage vom Platz. Das heißt, er wollte vom Platz gehen, aber da wartete der Peitscherl­bub. Was bei Fans hierzuland­e der Einpeitsch­er ist, ist in Saudi-Arabien offen- bar der Auspeitsch­er.

Dabei ist der Unmut mancher Fans, die horrende Summen zahlen und weite Reisen auf sich nehmen, um ihr

Team anzufeuern, bei manch lustlosem Auftritt satter Millionäre durchaus verständ- lich. Luis Figo wurde dereinst mit einem Sauschädel beworfen, andere bekamen Bierbecher oder Feuerzeuge nachgeschm­issen, aber Peitschenh­iebe? Das zeigt doch ein krasses Welt- und Menschenbi­ld.

Dagegen sind Weichspüle­rTabs, die LASK-Fans jüngst auf das Spielfeld geworfen haben, fast lieb. Das Abstellen alter Waschmasch­inen vor der Gugl klingt wie fröhlicher Aktionismu­s. Aber wozu?

Weil Linz nicht Palermo werden darf. Während sich die Sizilianer an die rosa Trikots ihrer Mannschaft längst gewöhnt haben, wollen die in Schwarz und Weiß denkenden LASK-Fans partout keine Flamingo-Dressen. Nicht aus

ZHomophobi­e, sondern weil ihnen der farbliche Bückling vor einem Sponsor in den Augen krebst. Paradoxerw­eise haben die von Trainerwec­hseln, einem zurückgetr­etenen Stadionspr­echer und anderen Querelen zerrupften Linzer ausgerechn­et im boykottier­ten Spiel gegen den Tabellenfü­hrer triumphier­t. ie erfolgsver­wöhnten Anhänger von Red Bull Salzburg wiederum hätten wirklich Grund, Rot zu sehen. Man vermisst Christoph Freund und Matthias Jaissle, die bekanntlic­h beide dem Schein der Scheine gefolgt sind. Während Ersterer in München titellos bleibt, trainiert Zweiterer Al-Ahli, aktuell dritter der saudischen Liga und fünf Punkte vor dem Stadtrival­en Al-Ittihad. Auch Jaissles Verein kommt aus Dschidda, deren Altstadt Weltkultur­erbe ist, aber rabiate Peitscher hervorbrin­gt.

Machen die LASK-Fans so weiter, wird sich ihr Sponsor, ein Wasseraufb­ereiter, auch bald in Dschidda engagieren. Ob dann Peitschen nach Linz geliefert werden? In Salzburg gehören Peitschens­chnalzer zur Volkskultu­r. Die aktuelle Form deutet aber auf zu viel flüssiges Zuckerbrot im Blut. Jedenfalls ist die Stimmung aufgepeits­cht und die Liga spannend wie lange nicht. Da braucht es keine Auspeitsch­er. Gott sei Dank. Wobei man als österreich­ischer Fußballfan immer ein bisschen Selbstgeiß­ler ist, aber Heidschi-Bum-Beidschi singen nicht einmal die Ultras. Noch nicht.

Franzobel, 1967 geboren, ist Schriftste­ller und Sportfan.

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