„Bereiten Sie sich gut auf die Scheidung vor“
Mediatorin Šira Fera-Tischler und Anwalt Oswald Obergantschnig über Scheidungen, heimliche Mails und Kontaktrecht zu Hunden nach Trennungen.
Den Scheidungsanwälten geht die Arbeit tatsächlich nicht aus. Am meisten Anfragen haben wir nach Urlauben und generell, nachdem die Paare viel Zeit zusammen verbracht haben.
Das bemerke ich auch. Nach Corona hatten wir besonders viel zu tun, weil die Leute da so aufeinander geklebt sind.
OSWALD OBERGANTSCHNIG: ŠIRA FERA-TISCHLER:
Der größte Unterschied ist, dass die Paare zu mir gemeinsam kommen und wir zusammen eine Lösung nach ihren Bedürfnissen erarbeiten. Viele Leute müssen auf jeden
FERA-TISCHLER:
Euro achten, damit sie nach der Trennung über die Runden kommen. Ich als Mediatorin mit rechtlichem Wissen rechne gemeinsam mit ihnen alles durch. Nach einer Mediation können sich Paare in der Regel noch in die Augen schauen.
Zum Anwalt kommt im Normalfall nur ein Ehepartner alleine und sagt: Ich will die Scheidung. Da gibt es übrigens einen großen Unterschied zwischen Frauen und Männer. Frauen bereiten sich oft sehr lange auf die Scheidung vor. Männer hingegen sehen die Eheprobleme meist nicht so eng. Die Herren sind dann vollkommen überrascht vom Scheidungswunsch der Gattin, während ihre Frau vielleicht schon ein Jahr vorher bei Beratungsterminen war. Die Frauen sind meistens voll informiert. Und die Männer kommen mit der Scheidungsklage zum Anwalt und sagen: Boah, meine Frau will sich scheiden lassen. Das
hätte ich mir nie gedacht.
OBERGANTSCHNIG: OBERGANTSCHNIG:
Checken Sie Mails und WhatsApp der Partnerin oder des Partners, sofern ein Zugang möglich ist. Sichern Sie Lebensversicherungen, Kontoauszüge, Sparbücher.
Klingt ziemlich dreckig ...
Finde ich auch.
Aber es ist wichtig. Sonst stehen wir in einem Verfahren ohne Beweise da. Wer in einem Scheidungsprozess oder Aufteilungsverfahren Unterlagen hat, ist klar im Vorteil. Wir brauchen eine Basis, zum Rechnen und zum Aufteilen des Vermögens. Dazu ist es notwendig, konkrete Informationen zu haben. Ein jüngeres Thema bei Scheidungen ist Krypto. Wie willst du beweisen, dass der andere in der Ehe ein Vermögen etwa mit Bitcoin angehäuft hat? Schwierig. Außer der Partner oder die Partnerin ist so ehrlich und sagt, da habe ich Bitcoin und gebe dir deinen Anteil. Aber das werden wohl wenige machen.
Na ja. Ich habe gerade in letzter Zeit viele Paare erlebt, die bei der Trennung so wertschätzend und nett miteinander umgegangen sind, dass mir als Mediatorin fast die Tränen kamen.
FERA-TISCHLER: OBERGANTSCHNIG: FERA-TISCHLER:
Warum lassen sich diese Paare dann überhaupt scheiden?
Das habe ich mich auch schon oft gefragt. Vielleicht liebt man sich nicht mehr, aber will trotzdem, dass der andere gut aus der Scheidung aussteigt. Die Leute sagen dann, wir hatten eine schöne Zeit, wir haben Kinder, wir schauen aufeinander.
FERA-TISCHLER: OBERGANTSCHNIG:
Diese Erfahrungen mache ich nur selten. Wenn sich Mandanten zur
Oder es gibt nur Vorwürfe von Gewalt. Es gibt manchmal auch Vorwürfe, die nicht stimmen. Und bis das geklärt ist, wird der Partner von der Ehewohnung weggewiesen, darf nicht nach Hause zur Familie, das Kontaktrecht zu den Kindern wird erschwert und, und, und. Das ist ein riesiges Druckmittel. Das darf man als Anwalt nicht vergessen.
OBERGANTSCHNIG:
Generell gibt es bei Trennungen nichts, was es nicht gibt. Ich habe extra eine Ausbildung in Sachen Kindesentführung gemacht, weil das bei Scheidungen immer wieder vorkommt. Das ist ein Albtraum. Vor allem für das Kind, das immer ein Recht auf beide Eltern hat, natürlich auch während des Scheidungsverfahrens.
FERA-TISCHLER:
Worüber wird am meisten gestritten?
Übers
Wer zahlt wem wie viel. Seitensprünge, wie oft vermutet, sind nicht der Hauptgrund für Scheidungen. Viele kommen erst hinterher darauf, dass sie betrogen wurden.
OBERGANTSCHNIG: FERA-TISCHLER: OBERGANTSCHNIG: FERA-TISCHLER:
Geld.
Ich hatte natürlich auch Paare, die bei der Vermögensaufteilung über viele Details stritten. Aber in mehr als 90 Prozent der Fälle gelingt eine einvernehmliche Lösung. Manche Paare haben sich nach der Scheidung schon gemeinsam mit Blumen bedankt, weil alles so wertschätzend ablief.
Ich musste im Zuge von Scheidungen, auch schon um Kontaktrechte zu Haustieren streiten. Da ging es um die Frage, wer wann mit dem Hund spazieren gehen darf, welche Leine zu verwenden ist und welches Futter gegeben werden darf. Ich habe auch einmal ein Paar kennengelernt, bei dem die Scheidung mit allen Begleitverfahren mehr als zehn Jahre dauerte. Das ist selten. Aber in diesen Fällen stehen schlussendlich nicht mehr die eigenen Vorteile im Vordergrund, sondern der Schaden des Anderen.
OBERGANTSCHNIG:
Ein Paar wollte schon wenige Wochen nach der Hochzeit die Scheidung. Die waren aber zu kurz verheiratet, um einvernehmlich geschieden zu werden. Für eine Einvernehmliche muss man mindestens sechs Monate verheiratet oder eben getrennt sein.
Dafür hatte ich nach Corona einige Paare, die sich mit über 80 Jahren nach 60 Ehejahren scheiden ließen. Auch in dem Alter ist offenbar einmal der Punkt erreicht, an dem es nicht mehr geht.
OBERGANTSCHNIG: FERA-TISCHLER:
Ich rate: Bereiten Sie sich gut auf eine Scheidung vor und sichern Sie Beweise.
OBERGANTSCHNIG:
Ich, als Mediatorin, sage: Reden Sie miteinander und holen Sie Hilfe. Wenn sich Eltern gut scheiden lassen, werden auch die Kinder aufgefangen.
FERA-TISCHLER:
Angelina Fritzl (17), Wolfsberg
Viktoria Stocker (18), Lavamünd