Meinungsfreiheit vs. Objektivitätsgebot?
Juristen der Universität Graz beantworten strittige Rechtsfragen.
ocial-Media-Postings von öffentlich-rechtlichen Journalisten sorgen immer wieder für Aufregung. Sie seien mit dem Objektivitätsgebot des ORF nicht vereinbar, so der Vorwurf. Die Journalisten dagegen berufen sich auf ihr Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit. Was gilt?
SSelbstverständlich haben öffentlich-rechtliche Journalisten wie alle anderen Menschen in Österreich das Recht, ihre private Meinung frei zu äußern. Der ORF ist allerdings ein öffentlich-rechtliches Medium, das heißt, dass er im Interesse der Allgemeinheit eingerichtet wurde. Seine Rechtsgrundlage ist das BVG Rundfunk, ein Verfassungsgesetz, und das ORFGesetz. Dieses verpflichtet den ORF dazu, Maßnahmen zu ergreifen, um die Objektivität der Berichterstattung sicherzustellen.
Private Meinungsäußerungen öffentlich-rechtlicher Journalisten können in Konflikt mit diesem Objektivitätsgebot geraten, wenn der Journalist in der Öffentlichkeit nicht als Privatier, sondern als Repräsentant des
ANTWORT:
ORF wahrgenommen wird. Es war daher grundsätzlich zulässig, dass der ORFGeneraldirektor kürzlich eine Richtlinie über das Verhalten der Mitarbeiter in den sozialen Medien angeordnet hat. Diese Richtlinien bewegen sich dabei in dem Spannungsverhältnis zwischen der Meinungsäußerungsfreiheit einerseits und dem Objektivitätsgebot andererseits.
Verglichen mit den Richtlinien der BBC im Vereinigten Königreich und jenen des WDR in Deutschland greifen die Richtlinien des ORF nur mäßig-intensiv in die Meinungsäußerungsfreiheit ein. Während die BBC Äußerungen zu aktuellen politischen oder kontroversen Themen grundsätzlich verbietet, gibt der WDR seinen Mitarbeitern lediglich unverbindliche Empfehlungen. Die Richtlinien des ORF verbieten dagegen nur offensichtliche AntipathieErklärungen gegenüber Politikern und bestimmen, dass Kritik sachlich begründet sein muss.
Posting-Debatte
Institut für Öffentliches Recht und Politikwissenschaft.
Lorenz Tripp,
aus Völkermarkt.