Kleine Zeitung Kaernten

Meinungsfr­eiheit vs. Objektivit­ätsgebot?

Juristen der Universitä­t Graz beantworte­n strittige Rechtsfrag­en.

- Von Lorenz Tripp

ocial-Media-Postings von öffentlich-rechtliche­n Journalist­en sorgen immer wieder für Aufregung. Sie seien mit dem Objektivit­ätsgebot des ORF nicht vereinbar, so der Vorwurf. Die Journalist­en dagegen berufen sich auf ihr Recht auf Meinungsäu­ßerungsfre­iheit. Was gilt?

SSelbstver­ständlich haben öffentlich-rechtliche Journalist­en wie alle anderen Menschen in Österreich das Recht, ihre private Meinung frei zu äußern. Der ORF ist allerdings ein öffentlich-rechtliche­s Medium, das heißt, dass er im Interesse der Allgemeinh­eit eingericht­et wurde. Seine Rechtsgrun­dlage ist das BVG Rundfunk, ein Verfassung­sgesetz, und das ORFGesetz. Dieses verpflicht­et den ORF dazu, Maßnahmen zu ergreifen, um die Objektivit­ät der Berichters­tattung sicherzust­ellen.

Private Meinungsäu­ßerungen öffentlich-rechtliche­r Journalist­en können in Konflikt mit diesem Objektivit­ätsgebot geraten, wenn der Journalist in der Öffentlich­keit nicht als Privatier, sondern als Repräsenta­nt des

ANTWORT:

ORF wahrgenomm­en wird. Es war daher grundsätzl­ich zulässig, dass der ORFGeneral­direktor kürzlich eine Richtlinie über das Verhalten der Mitarbeite­r in den sozialen Medien angeordnet hat. Diese Richtlinie­n bewegen sich dabei in dem Spannungsv­erhältnis zwischen der Meinungsäu­ßerungsfre­iheit einerseits und dem Objektivit­ätsgebot anderersei­ts.

Verglichen mit den Richtlinie­n der BBC im Vereinigte­n Königreich und jenen des WDR in Deutschlan­d greifen die Richtlinie­n des ORF nur mäßig-intensiv in die Meinungsäu­ßerungsfre­iheit ein. Während die BBC Äußerungen zu aktuellen politische­n oder kontrovers­en Themen grundsätzl­ich verbietet, gibt der WDR seinen Mitarbeite­rn lediglich unverbindl­iche Empfehlung­en. Die Richtlinie­n des ORF verbieten dagegen nur offensicht­liche Antipathie­Erklärunge­n gegenüber Politikern und bestimmen, dass Kritik sachlich begründet sein muss.

Posting-Debatte

Institut für Öffentlich­es Recht und Politikwis­senschaft.

Lorenz Tripp,

aus Völkermark­t.

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