Kleine Zeitung Kaernten

Papst „besorgt um Stadt der Schönheit“

Franziskus setzt in Venedig große Gesten für Insassinne­n des Frauengefä­ngnisses, Kunst und Jugend: „Geschwiste­r überall“.

- Von Adolf Winkler

er kleine Gianluca streckt dem Papst sein gebastelte­s Heftchen entgegen. Liebevoll beugt sich Franziskus zum Buben, der hinzusetzt: „Es kostet einen Euro“. „Ich gebe dir fünf“, sagt der Papst schmunzeln­d und weist einen Begleiter an, zu zahlen. Sofort ist der Bub von Reportern umringt. „Ich bin der Einzige“, strahlt der Kleine stolz, „der dem Papst etwas verkauft hat.“

Mehr kann eine Anekdote nicht erzählen über Venedigs Kommerzial­isierung, die der Papst auf dem Markusplat­z vor Tausenden Gläubigen thematisie­rt. „Wir bewundern die bezaubernd­e Schönheit der Stadt, aber wir sind auch besorgt über die vielen Probleme, die sie bedrohen.“Dezidiert nennt er „den Klimawande­l, der sich auf die Gewässer der Lagune und auf die Insel auswirkt; die Gefährdung der Gebäude und des kulturelle­n Erbes, aber auch die Menschen.“Schmerzhaf­t legt Franziskus seine Finger auf die Wunden Venedigs wie, „die Schwierigk­eit, durch ein angemessen­es Tourismusm­anagement eine Umwelt zu schaffen, die maßvoll bleibt.“

Zu Beginn des Besuches hellt der Papst im Frauengefä­ngnis auf der Giudecca Gesichter auf und lässt Tränen der Freude fließen. Sie seien erstaunt und voll Emotion, dass der Papst sie besuche, sagen die Insassinne­n. Franziskus nimmt sich Zeit, alle 80 Frauen im Gefängnish­of zu

Dbegrüßen, zu umarmen, zu trösten. Würdevoll bezeichnet er sie als „ospiti“, als Gäste, „die Wunden tragen, wie wir alle“. Die Rutsche im Innenhof verrät, dass hier auch Kinder mit ihren Müttern leben. „Das Gefängnis ist eine harte Realität. Bitte die Würde nicht in Isolations­haft nehmen, sondern eine zweite Chance geben“ruft der Papst zur Geschwiste­rlichkeit auf.

Das Thema der 60. Kunstbienn­ale „Stranieri ovunque“– Fremde überall – formuliert Franziskus um auf „Fratelli ovunque“– Geschwiste­r überall. „Wir haben keine bequemen Künstler ausgesucht“, betont Kardinal Josè Tolentino de Mendonça. Maurizio Cattelan, der die Außenmauer des Carcere feminile als Fußabdruck gestaltet hat, schuf 1999 eine Skulptur von Papst Johannes Paul II., getroffen von einem Meteoriten. „Es gibt keine Kirche ohne Künstler. Die Kirche hat eine Allianz mit den Künstlern, aber auch ihre Schwierigk­eit, mit der Freiheit der Kunst umzugehen“, räumt Franziskus ein. Kunst habe sich gegen Gewalt und Diskrimini­erung zu richten. In der Gefängnisk­apelle, die Sonia Gomes mit Kunstwerke­n aus Häftlingsk­leidung gestaltet hat, hebt der Papst den Beitrag der Frauen zur Kunst hervor und nennt Frida Kahlo sowie Louise Bourgeois und Corita Kent.

Vis-à-vis der Giudecca harren Angelo und seine Kollegen vom Ruderverei­n Bucintoro. Gerne würden die stolzen Remieri ihn ein

Newspapers in German

Newspapers from Austria