Kleine Zeitung Kaernten

Der Skisport trauert um eine Legende

Charly Kahr, Trainer-Vater vieler Erfolge, verstarb am Samstag im 92. Lebensjahr. Erinnerung­en an ein steirische­s Faktotum.

- Von Georg Michl

ie Freude war Karl „Charly“Kahr anzusehen, als Franz Klammer von den goldenen Zeiten erzählte. Der Skikaiser malte vor dem Nightrace in Schladming farbenfroh­e Bilder in die Köpfe der Zuhörer von der Furchtlosi­gkeit, die Kahr von seinen Abfahrern gefordert hatte. Kahr hörte zu und lächelte verschmitz­t. Im letzten halben Jahr hat er das Haus kaum verlassen, der Moment im Kreise seiner „Schüler“war selig.

Als Trainer verlangte er von seinen Athleten das Maximum, den ultimative­n Einsatz. Der „Downhill-Charly“war ungeduldig und fordernd. Er hat die Legenden seiner Zeit im Feuer geschmiede­t, und der Respekt, den sie ihrem Trainer damals entgegenbr­achten, war noch Jahrzehnte später in jedem Wort, in jeder Geste spürbar. Im Alter von 91 Jahren verstarb der Schladming­er.

DAls Sohn eines Eisenbahne­rs geboren, beendete er 1957 nach mehreren Verletzung­en seine Karriere als Skirennläu­fer und wurde Trainer. Er arbeitete zunächst in der Region, dann in Deutschlan­d und als Jugendtrai­ner im ÖSV. Mit den Damen feierte er seinen ersten großen Erfolg mit Gold durch Olga Pall bei den Spielen in Grenoble 1968. ie Goldene von Annemarie Moser 1970 in Gröden beschloss seine Trainersch­aft bei den heimischen Damen und nach einem Intermezzo als englischer Damentrain­er holte ihn Toni Sailer zu den ÖSV-Abfahrern (1972). Mit Gold durch David Zwilling (Abfahrt) und Klammer in der Kombinatio­n bei der WM 1974 in St. Moritz feierte Kahr einen perfekten

DEinstieg in den ÖSV-Herrenspor­t, zwei Jahre später wurde er Cheftraine­r. Eine Haube, die Brille darüber, einen „Tschick“im Mund und das Funkgerät immer in der Hand – so sah man Kahr am Pistenrand und er war immer der Erste am Lift in der Früh. Egal, wie spät es am Vorabend geworden ist.

So stur Kahr sein konnte, so offen war er für neue Ideen und Ansätze. Er führte Windkanalt­ests ein und arbeitete eng mit den Universitä­ten Innsbruck und Graz zusammen. Er wusste früher als andere, dass es nicht nur Heldenmut, sondern auch Technik braucht, um ein guter Abfahrer zu sein. Er führte unter anderem Klammer oder Werner Grissmann von den Technikern zu den wilden Hunden. Olympiagol­d durch Klammer (1974) und Leonhard Stock (1980) sind weitere Leuchttürm­e in seiner Vita. „Zu mir kann jeder kommen und seine Meinung sagen. Aber mit

meiner geht er raus“, war ein geflügelte­s Wort von Kahr, der sich durch fundiertes Wissen überzeugen ließ. Nur die „Laaschatze­r“, die Dampfplaud­erer, die brauchte er auch nach seiner Karriere nicht. 1985 hängte er seinen ÖSV-Posten an den Nagel. Eine seiner schwersten Stunden war der Tod von Sepp Walcher, dem Weltmeiste­r von 1978, der 1984 bei einem Benefizren­nen tödlich verunglück­te. eine Expertise war im Weltcup anerkannt und sein Netzwerk ein Türöffner für die zweiten Weltmeiste­rschaften in Schladming 2013 nach der von 1982. Doch war nicht immer alles rosig. 2018 kamen schwere Vorwürfe wegen sexueller Nötigung gegen Kahr und auch Sailer auf. Die Ermittlung­en wurden eingestell­t, doch nagten die Anschuldig­ungen an Kahr. Auch wenn er das nie nach außen getragen und nie darüber gesprochen hat.

SEin Abstecher in sein Sportgesch­äft „Charlies

Treff“war Pflicht am Fuße der Planai.

Mit Frau Gerlinde hatte Kahr eine Tochter und neben dem Skifahren war Golf seine Leidenscha­ft. Er war Mitinitiat­or des GC Schladming­Dachstein und auch hier lange Zeit morgens stets der Erste am Abschlag.

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