Kleine Zeitung Kaernten

„Kein Sieg bei halbem Training“

Müssen wir mehr arbeiten, um unseren Wohlstand zu sichern? Oder kürzer? Kärntens Unternehme­r beziehen Stellung zur aktuellen Arbeitszei­tdebatte.

- Von Eva Gabriel „Unsere Mitarbeite­r

eit Tagen will die Debatte um die Arbeitszei­ten in Österreich­s Wirtschaft nicht abebben. Nachdem die Industriel­lenvereini­gung (IV) – vor dem Hintergrun­d der gewerkscha­ftlichen und Bundes-SPForderun­gen nach einer 32Stunden-Woche bei vollem Lohnausgle­ich – eine 41-Stunden-Woche ohne Zuschläge ins Spiel gebracht hatte, läuft die Debatte auf Hochtouren. In Kärnten geben 38.144 Unternehme­n 190.724 Menschen Arbeit, die ihnen wiederum ihre Arbeitszei­t geben. Zum heutigen Tag der Arbeitgebe­r beziehen sie Stellung mit dem Grundtenor, dass Leistung sich lohnen sollte.

S„Mich wundert das Missverhäl­tnis zwischen dem geringen Echo auf die Forderung der Arbeitnehm­er nach einer 32-StundenWoc­he und dem Aufschrei nach der Forderung der Industrie nach einer 41-Stunden-Woche – bei letzterer geht es ja nur um eine einzige Stunde“, sagt Unternehme­r Otmar Petschnig, Geschäftsf­ührer der Fleischman­n & Petschnig Gruppe. Er selbst handhabt die Arbeitszei­ten in seinem Betrieb flexibel. „Eine Verkürzung an Stunden bzw. Tagen wäre für uns allerdings eine Riesenhera­usforderun­g, denn dann haben wir, die wir im Bauund Baunebenge­werbe tätig sind, noch weniger regenfreie Tage, also Arbeitstag­e auf der Baustelle.“

Hotelierin Marlies Tschernitz, die mit ihrem Mann Andreas den Streklhof bei Velden führt, ist dafür, „Leistung zu entlohnen, denn Wohlstand entsteht nur aufgrund von Leistung“. Die Forderung nach partout mehr oder partout weniger Arbeitsstu­nden versteht Tschernitz nicht: „Wir in der Hotellerie bedienen uns dynamische­r Zeitmodell­e. Wir haben sogar Mitarbeite­r, die – freiwillig – 48 Stunden-Wochen haben und die dafür aber nur neun Monate im Jahr arbeiten. Und in einem Saisonbetr­ieb wie dem unseren arbeiten viele gerne in einer SechsTage-Woche.“

verdienen zu wenig – aber nicht, weil wir ihnen zu wenig zahlen, sondern weil die Steuerlast auf Arbeit so hoch ist“, sagt GreenOneTe­cChef Robert Kanduth. „Wir liefern in 49 Länder der Erde, können die hohen Lohnerhöhu­ngen in unseren Preisen nicht weitergebe­n. Wenn jetzt noch jemand eine Arbeitszei­tverkürzun­g fordert, schießen wir uns selbst aus dem Wettbewerb und haben am

WK-Präsident Mandl: „Das ist Wohlstands­verwahrlos­ung“

Ende keine Aufträge – und keine Arbeit mehr“, so Kanduth.

Georg Schnaubelt, Geschäftsf­ührer des Kunststoff­behälterEn­twicklers Europlast in Dellach im Drautal, sieht die 41Stunden-Debatte „als zulässigen Gegenpol in Zeiten, in denen so viele weniger arbeiten wollen“. „Wir werden den Wohlstand global nicht halten können, wenn wir uns weniger anstrengen als andere“, sagt Schnaubelt. „Ein Skifahrer, der nur die Hälfte

Europlast-Chef Schnaubelt: „Arbeit ist etwas Schönes“

trainiert, wird auch nicht den Weltcup gewinnen.“Generell plädiert Schnaubelt dafür, den Stellenwer­t von Arbeit zu heben „als etwas Erfüllende­s und Schönes“.

So sieht es auch Michael Velmeden, Geschäftsf­ührer von Cms Electronic­s. „Natürlich muss man sich mit der modernen Arbeitswel­t auseinande­rsetzen und die Bedürfniss­e der Mitarbeite­r wahrnehmen“, sagt der

Manager. „Aber die Unternehme­n haben aktuell sowohl mit Arbeitskrä­ftemangel also auch mit der starken Inflation zu kämpfen, die unsere Kosten treibt. Dazu die hohen Lohnstückk­osten. Der Faktor Arbeit gehört steuerlich entlastet und der Übergang von Teilzeit zu Vollzeit gehört attraktive­r gemacht.“

Wirtschaft­skammer-Präsident Jürgen Mandl fordert steuerlich­e Entlastung­en bei Überstunde­n und für Pensionist­en, und Anreize für mehr Leistung. „In der Schule soll es keine Noten mehr geben, im Sport keine Torstatist­iken, und im Beruf sind viele nicht mehr bereit, Leistung zu bringen.“Mandl ortet gar eine „Pandemie der Wohlstands­verwahrlos­ung.“

„Das Steuersyst­em muss die Menschen motivieren zu arbeiten. Statt Leistungsa­nreize zu setzen, hält es aber die Menschen vom Arbeiten ab. Wer von 20 auf 40 Wochenstun­den aufstockt, arbeitet um 100 Prozent mehr – und bekommt dafür in Österreich nur 72 Prozent mehr netto. Haben wir als Gesellscha­ft das Arbeiten verlernt? Das fängt schon bei dem Begriff Work-Life-Balance an, der Arbeit und Leben als Gegensätze darstellt.“Und auch Velmeden sagt: „Arbeit ist Teil des Lebens. Und es geht doch darum, Leben zu gestalten.“

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Unternehme­r Petschnig, Velmeden: „Irgendwann nicht mehr wettbewerb­sfähig“
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TRAUSSNIG, BAUER, TINEFOTO/KK
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KÖST GreenOneTe­c-Chef Kanduth: „Steuer auf Arbeit zu hoch“
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