Handy-Video deckt tödlichen Schuss in den Rücken auf
Weißer Polizist erschießt in South Carolina unbewaffneten Schwarzen. Erinnerungen an Ferguson werden wach, doch der Fall ist anders.
Am Samstagmorgen klingelt Anthony Scotts (52) Telefon. Seine Mutter erzählt aufgeregt, Bruder Walter (50) sei wohl in eine Verkehrskontrolle geraten. „Du musst schauen, was los ist“, drängt sie ihn besorgt. Als Anthony am Ort des Geschehens eintrifft, liegt Walter mit dem Gesicht zu Boden im Gras. Er ist tot.
Dank eines den Medien zugespielten Handy-Videos ist klar, dass es sich um einen neuerlichen Fall brutaler Polizeigewalt handelt. Was war geschehen? Kurz nach 9.30 Uhr hält der 33jährige Polizist Michael T. Slager in North Charleston einen altersschwachen Mercedes wegen einer defekten Rückleuchte an. Walter steigt aus, es folgt ein Gerangel. Der Beamte feuert mit sei- nem Elektroschocker auf den Schwarzen. Der Mann befreit sich und läuft davon. Ohne weitere Vorwarnung zückt der Polizist seine Dienstwaffe. Aus gut 20 Meter Entfernung feuert er acht Kugeln ab. Die letzte trifft Walter ins Herz – von hinten.
Statt dem tödlich verwundeten Mann zu helfen, legt Slager ihm Handschellen an. Dann schlendert er zurück, hebt etwas auf und wirft es neben den Leichnam. Er meldet über Funk, der Schwarze habe ihm seinen Elektroschocker abgerungen. Ihm sei nichts anderes übrig geblieben, als „Schüsse abzufeuern“. Doch der Mitschnitt per Handy-Kamera entlarvt das als glatte Lüge. Anders als in Ferguson griffen die lokalen Behörden und die Justiz entschlossen durch. Sie klagten den Todesschützen wegen Mor- des an. Seit Dienstagabend sitzt er in Untersuchungshaft im Bezirksgefängnis von Charleston.
Doch warum war Walter vor dem Polizisten davongelaufen? Ein Blick in die Akten offenbart Waffenbesitz, Körperverletzung und ausstehende Alimente-Zahlungen für seine vier Kinder. Hier sieht der Anwalt der Familie des Opfers ein mögliches Motiv für die irrationale Reaktion. Scotts Familie ist für das Video dankbar und bittet, „Ruhe zu bewahren“.