Und Hoffen
Rund 80 Steirer werden vermisst. Die Polizei führt sie in der Statistik als „Langzeitabgängige“. Mehrere von ihnen dürften einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein.
Spurlos verschwunden. Von einer Minute auf die andere. Der eine kommt von der Arbeit oder von der Schule nicht mehr nach Hause. Der andere kehrt von einem Spaziergang nicht mehr zurück – oder er verschwindet beim Zigarettenholen. All diese Vermisstenfälle haben eines gemeinsam: Sie verändern das Leben der Angehörigen mit einem Schlag. Die Verwandten bangen und hoffen – und oft sei die Ungewissheit fast nicht zu ertragen, wie ein Betroffener erzählt.
Die steirische Abgängigkeitsstatistik weist rund 80 Langzeitabgängige auf, bei einigen wenigen handelt es sich um Kinder oder Jugendliche. Sie dürften von einem Elternteil ins Ausland entführt worden sein. Vermisstenanzeigen werden aber Jahr für Jahr Hunderte erstattet, wie die Fahnder des Landeskriminalamtes versichern. „Die meisten Menschen tauchen nach Tagen oder Wochen wieder auf“, so ein Beamter.
Doch es gibt auch „sehr bedenkliche“Fälle, die bisher ungelöst geblieben sind. Fälle, bei denen es sich um Verbrechen handeln dürfte. Zumindest spricht vieles dafür, dass Hubert Schmied (Aflenz-Land), Maria Streibl (Judenberg), Johann Mauerhofer (Obertiefenbach) und Hildegard Stoll (Palfau) einer Gewalttat zum Opfer gefallen sind.
Im Fall Hubert Schmied – er verschwand am 17. Oktober 2003 – wird seit Monaten wieder ermittelt. Nachdem die Jahre zuvor schon die Gendarmerie-Kriminalabteilung, das Landeskriminalamt und die Kriminalaußenstelle Niklasdorf alles Mögliche unternommen haben, um den Vermisstenfall aufzuklären, setzt sich nun die Cold-Case-Gruppe des Bundeskriminalamtes damit auseinander. Die Spuren führen ins Rotlichtmilieu, in dem sich der Gastwirt aus Aflenz-Land bewegt hatte.
Maria Streibl verschwand im Alter von 39 Jahren am 20. oder 21. April 1974 aus der Wohnung in Judenburg. Das genaue Datum konnte oder wollte der mittlerweile verstorbene Ehemann nicht nennen.
Ähnlich mysteriös ist das Verschwinden der 49jährigen Bäuerin Hildegard Stoll. Der Ehemann erzählte damals Bürgermeister Hermann Thaller, dass seine Frau von einer Bergwanderung nicht heimgekommen sei. Thaller erstattete Anzeige – und die Gendarmerie hatte schon bald Anhaltspunkte für ein Verbrechen, konnte den Fall aber nie aufklären.
Hingegen gab es im Vermisstenfall Johanna Mauerhofer (47) sogar einen Verdächtigen. Die Spur der Frau verliert sich am Abend des 7. Oktober 1967 auf dem Weg zu ihrer Wohnung in Obertiefenbach. Die Gendarmerie ging von einem Raubmord aus. Weil aber keine Leiche gefunden wurde, gab es keine Mordanklage.
Das Schicksal dieser Menschen und Dutzender anderer Steirer ist ungewiss. Und so wird es in den meisten Fällen auch bleiben – für immer. Angehöriger eines Langzeitabgängigen