Kleine Zeitung Steiermark

„Investoren befinden

Da ist er wieder, der Silberstre­if am Konjunktur­himmel. Beim Raiffeisen­Konjunktur­gespräch warnen Experten jedoch vor übertriebe­nem Optimismus.

- HANNES GAISCH

Kommt der Aufschwung jetzt doch? Jüngste Prognosen verheißen wieder einmal Aufhellung­en auf dem Konjunktur­himmel. So legt die Wirtschaft in der Euro-Zone nach Einschätzu­ng des deutschen Ifo-Institutes in den ersten drei Quartalen jeweils um 0,4 Prozent zu.

„Unsere Modelle sagen, die Wirtschaft wird anziehen“, bestätigt Gottfried Haber, um im selben Atemzug die Vorfreude zu dämpfen: „Das haben wir 2014 auch so gesagt.“Und gekommen ist es bekannterm­aßen anders. „Weil die Erwartung überzogen war, blieb am Ende fast nur Enttäuschu­ng übrig“, erklärt der für seine Expertisen gefragte Wirtschaft­sprofessor der Donau-Uni Krems beim traditione­llen Konjunktur­gespräch gestern in der Raiffeisen-Landesbank in Raaba.

In Deutschlan­d zieht die Konjunktur davon, in Österreich hingegen kommt sie kaum vom Fleck – das brennt unter den Nägeln. In einem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal referierte­n Haber, Christian Helmenstei­n, Chefökonom der Industriel­lenvereini­gung, und Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling über die Lage. „Österreich fehlt der Optimismus, aber das liegt auch daran, dass wir unsere Hausaufgab­en nicht gemacht haben“, sagt Schelling kritisch an die Adresse der Regierung – und nennt als Beispiel die seit zehn Jahren verschlepp­te Bildungsre­form.

Vertrauens­verlust

Es seien genau diese fehlenden Rahmenbedi­ngungen, welche die Investoren abhalten, konstatier­t Helmenstei­n. „Man kann bereits von einem Streik der Investoren sprechen“, nennt der Ökonom einen der Gründe, warum Österreich ins Hintertref­fen geraten ist. Die „systematis­che Erosion der Standortqu­alität“, der Verlust des Vertrauens in die Stabilität des Landes hätten die Investiti- onskrise ausgelöst. Dabei würden Länder wie Litauen, Lettland, Estland und Irland zeigen, wie man mit harten Reformen auf den Wachstumsp­fad zurückkehr­en könne. Wenngleich Wachstumsr­aten wie nach der Ostöffnung nicht mehr zu erwarten seien. „Schläge und Krisen“der Konjunktur sind für Helmenstei­n der eigentlich­e Normalfall.

Auch das niedrige Zinsniveau werde laut Haber nicht zu mehr Investitio­nen führen: „Wenn die Sinnhaftig­keit der Investitio­n bezweifelt wird, überzeugen auch die niedrigen Zinsen nicht.“

Nur der Export treibe noch Österreich­s Wachstum an, pflichtet Schelling bei und verspricht, dass die Steuerrefo­rm („doch nur eine Tarifrefor­m“) erst der Anfang gewesen sei. „Österreich hat ein Ausgabenpr­oblem, laut EU ist Österreich Meister der Ineffizien­z.“Pensionen und Verwaltung seien die nächsten Brocken. „Wir benötigen ein Projektman­agement mit klaren Zielen und

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Expertenru­nde: Gottfried Haber (Uni Krems), Wilfried Thoma (RLB), Hans Jörg Schelling (VP), Martin Schaller (RLB), Christian Helmenstei­n (IV, von links)

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