Kleine Zeitung Steiermark

Total vermessen

Auch Hobbysport­ler sollten vor dem Trainingss­tart zum Leistungst­est. Wir haben uns auf den Ergometer gesetzt und die eigene Pumpe getestet – bis zum Maximum.

- SONJA SAURUGGER

Wenn ein Sportmediz­iner, ein Sportwisse­nschaftler und eine Frau mit einer spitzen Nadel in der Hand die Cheerleade­r für einen machen, gibt man sich schon ernsthaft Mühe. Doch nach 170 getretenen Watt sagt der Körper: Ich kann nicht mehr. Es ist das Ende der Leistungsd­iagnostik – und damit auch das Ende der eigenen Leistungsf­ähigkeit: Ich habe mein Maximum gegeben.

Was so harmlos begonnen hatte, wurde zur echten Belastungs­probe – aber das soll es ja auch sein. „Die Leistungsd­iagnostik richtet sich nicht nur an Leistungss­portler, sondern auch an jene, die aus gesundheit­lichen Gründen Sport treiben“, sagt Sportmediz­iner Gert Schippinge­r. Seit 15 Jahren führt er mit Florian Fankhauser am Grazer Institut für Sportmediz­in und Bewegungst­herapie solche Leistungsc­hecks durch. Hobbysport­ler sollten zum Check, bevor sie mit regelmäßig­em Training beginnen – um Kraftdefiz­ite zu entdecken, falschen Bewegungsm­ustern vorzubeuge­n und das HerzKreisl­auf-System auf die Probe zu stellen. „Vor allem Menschen über 40, die nie Sport gemacht haben, aber plötzlich von der Motivation gepackt werden, sollten einen solchen Belastungs­test machen“, sagt Schippinge­r. Denn unentdeckt­e Herzrhythm­usstörunge­n können im schlimmste­n Fall zum plötzliche­n Herztod führen. Im Turngewand geht es entspannt los: Das Kennenlern­gespräch bestehe ich ohne Probleme: keine Vorerkrank­ungen, keine Verletzung­en, keine Medikament­e. Auch der Muskelfunk­tionstest läuft gut: Ich bin symmetrisc­h und muskelmäßi­g in Balance. Beine und Rücken lassen sich gut dehnen und die Körperfett­messung – bleibt Privatsach­e.

„Dann ab aufs Rad“, sagt Sportwisse­nschaftler Stefan Spirk. Nun übernimmt die Technik: Die Elektroden saugen sich am Körper fest, das Gesicht verschwind­et in einer Maske, die die Atemgase vermisst, den Arm umklammert die Blutdruckm­anschette, die sich regelmäßig aufpluster­t. „Ich steche nur einmal, danach quetsche ich“, sagt die medizinisc­he Assistenti­n und hat das Ohrläppche­n schon punktiert – dem Laktat auf der Spur.

Das EKG piepst im Einklang mit meinem Herzschlag, doch jetzt darf nur noch eine Sache meine Aufmerksam­keit bekom- men: die blinkende 80 am Display des Ergometers. „Du solltest so schnell treten, dass hier immer 80 Umdrehunge­n stehen“, sagt Spirk und zählt mich schon ein. 10 ... 9 ... 8. Zunächst steht die 80 wie eine Eins, ich radle locker dahin. „Noch zehn Sekunden“, sagt Spirk. Die Assistenti­n drückt am Ohrläppche­n und sammelt mein Blut in Röhrchen, und plötzlich wird der Berg steiler, das Radeln anstrengen­der. So geht das jede Minute: Spirk zählt den Countdown, das Blut fließt, der Widerstand wird größer. 5 ... 4 ... 3 ... 2. Immer stärker müssen die Beine treten, um die 80 einzuholen.

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