Zur Herrengasse wurde
reduziert auf Boutiquen, Banken, Autohäuser geworden. Kein Areal, auf dem internationale Konzerne mit kommerziellem Pressing die Macht übernommen haben. Nicht so exklusiv, als dass denen sich für ein paar Euro ein gutes Gewissen erwerben lässt.
Die Herrengasse war eine gefahrenfreie Komfortzone, deren entschleunigte Atmosphäre nur von rund 1200 täglichen Durchfahrten der Straßenbahnen beeinträchtigt wurde und wird. (Etwas mehr Geld und etwas mehr politischer Weitblick hätten die Tramway längst unter die Erde führen können.)
Schwindende Gewissheit
Aber das hat sich geändert. Die Harmlosigkeit existiert nicht mehr. Das passt ganz gut in eine Epoche schwindender Gewissheiten, in denen die Chance weder auf einen Arbeitsplatz noch auf gerechte Altersversorgung mehr sicher ist.
Der kürzlich stattgehabte Überfall auf Juwelier Schullin mag rückblickend als Vorzeichen dessen gesehen werden, was vorvergangenen Samstag passiert ist. Als Hinweis drauf, dass es keine innerstädtischen Schutzzonen mehr gibt, die reale Außenwelt dringt in die vermeintlich innere ein. Man muss sich nicht erst in Gefahr begeben, um in ihr umzukommen.
Mit dem exzessiven Ausbruch typisch männlicher Gewalt hat sich die ehemalige Damen- und Familiengasse ihren tatsächlichen Namen, Herrengasse, auf blutige Art neu verdient.