Drei Bände mit zehn Räumen
Johannes Rauchenbergers Buch-Museum für Kunst im Spannungsfeld der Religion.
München 2010. Johannes Rauchenberger referiert im Rahmen des Ökumenischen Kirchentags zum Thema „Zeitgenössische Kunst und Christentum – ein Widerspruch?“Zur Beantwortung dieser Frage mit einem eindeutigen „Nein“greift der Leiter des Grazer Kulturzentrums bei den Minoriten auf eigene Erfahrungen und die doch lange Geschichte einer Institution zurück: „1975 in einer von geistiger Freiheit umwehten Post-Konzils-Zeit gegründet, führt dieses Zentrum seit nunmehr 40 Jahren in einer ununterbrochenen Kontinuität einen Dialog zwischen zeitgenössischer Kunst, Gegenwartskultur und Religion.“
Eine Bilanz, die beeindruckt – George Resenberg und Scarlet Munding vom Münchner Verein Ausstellungshaus für christliche Kunst so sehr, dass sie ein Projekt vorschlagen und wesentliche fi- nanzielle Mittel zur Verfügung stellen (welche das Land Steiermark und die Diözese Graz-Seckau in der Folge noch aufstocken). Rauchenberger: „Unvorsichtigerweise habe ich diese Anregung aufgenommen.“
Sechs Jahre später liegt das Ergebnis intensiver Arbeit vor. Und man versteht, was der Kunsthistoriker und Theologe mit „unvorsichtigerweise“meint. „Gott hat kein Museum. Religion in der Kunst des beginnenden XXI. Jahrhunderts“ist der Titel von drei in mehrfacher Hinsicht
DIENSTAG,
7. JULI 2015, SEITE 55 außerdem auf den zahlreichen Ausstellungen, die bei den Minoriten stattgefunden haben.
Die Namensliste der Ausstellerinnen und Aussteller kann sich sehen lassen, sie reicht von Siegfried Anzinger und Vanessa Beecroft über Anna und Johannes Blume, Berlinde De Bruyckere, James Lee Byars, Antony Gormley, Anish Kapoor, Richard Kriesche, Shirin Neshat, Roman Opalka, Adrian Paci, Jaume Plensa und Richard Serra bis zu Mark Wallinger und Artur Zmijewski.
Essays sind theoretisch-historischer Rahmen für anregende Gänge durch die zehn Räume des imaginären Museums in Buchform. Im steirischen herbst wird die Ausstellung „Reliqte, Reloaded“daraus destilliert.
P. S.: 2016 wird nach sechsjähriger Pause wieder der mit 10.000 Euro dotierte Kunstpreis der Diözese Graz-Seckau vergeben werden. Das freut Rauchenberger, der auch diesbezüglich auf produktive Reibung hofft.