Kleine Zeitung Steiermark

Kinder werden allein gelassen“

Zwei Mütter schlagen Alarm: An allen Ecken fehlt Geld, zudem macht die Bürokratie das Leben mit kranken Kindern schwer. Noch schwerer als ohnehin.

- SARAH RUCKHOFER

Es ist kein Thema, an das man gerne denkt. „Aber es kann jeden treffen, jederzeit.“Kristina Telegdi-Bistrovic´ weiß, wovon sie spricht. Vor zwei Jahren kam ihr Sohn Florian mit Leukämie zur Welt, die Diagnose wurde drei Stunden nach der Geburt gestellt. Es folgen Chemothera­pie, Blutaustau­sch, Stammzelle­ntherapie. Florian überlebt.

Er ist eines von Hunderten „Krebskinde­rn“in der Steiermark, deren Eltern alle vor den gleichen Problemen stehen – weitgehend unbemerkt. „In der akuten Phase hast du keine Kraft. Und wenn dein Kind überlebt, willst du nie mehr an diese Zeit denken. Das ist der Grund, warum so wenige Eltern an die Öffentlich­keit gehen“, erzählt auch Sigrid Grieser. Über ihre Tochter Lisa (12), die nach langem Kampf wieder die Schule besuchen darf, haben wir kürzlich berichtet.

Hilfe ins Leben rufen

Grieser und Telegdi-Bistrovic´ wollen nicht länger schweigen. Mit Tränen in den Augen erzählen sie von ihrem Leidensweg. „Die Ärzte und Psychologe­n geben ihr Bestes, ebenso die Kinderkreb­shilfe“, sind beide unendlich dankbar. Das große „Aber“sind für sie das Sozialsyst­em, die Bürokratie. Mütter leukämiekr­anker Kinder können die Hospizkare­nz 18 Monate lang in Anspruch nehmen. „Und dann? Mein Kind muss nach wie vor ständig ins Krankenhau­s, muss rund um die Uhr versorgt werden“, so Telegdi-Bistrovic´. Fremdbetre­uung ist bei den schwer kranken Kindern unmög-

Mruattfetr.“Suignridd GdriieeseK­r, lich, „geschultes Personal nicht leistbar“. Zusätzlich muss der Arbeitgebe­r der weiteren Karenz zustimmen. „Und das wird meiner nicht tun“, so Grieser. Ihr droht die Arbeitslos­igkeit, auch der Job von Telegdi-Bistrovic´ wackelt. Geldsorgen verfolgen die Familien – bei beiden ist der Vater berufstäti­g – bis in den Schlaf. Grieser wurde gerade erst in der Pflegestuf­e herabgeset­zt. 280 Euro bekommt sie im Monat, ab- züglich der erhöhten Familienbe­ihilfe. Zu den hohen Kosten für Medikament­e – nicht alle gibt es auf Rezept – kommen strenge Ernährungs­vorschrift­en, Mundschutz, Mundreinig­ung, Desinfekti­onsmittel . . . Und auch im Krankenhau­s sind die Ressourcen knapp, etwa bei den Psychologe­n. „Es gibt so viele neue Fälle, wir wollen sie mit unseren Sorgen nicht zusätzlich blockieren“, erklärt Grieser.

Helfen würde den Eltern „ein kleines bisschen weniger Bürokratie“: „Alle paar Monate beginnt es von vorne, die Karenz beantragen, einen geeigneten Schultrans­port finden, Genehmigun­gen. Das kostet so viel Kraft und Zeit.“Grieser und TelegdiBis­trovic´ wollen nun eine Hilfsgrupp­e gründen, noch heuer soll das Projekt starten.

Wir fühlen uns im Stich gelassen. Es ist ein permanente­r Kampf, uns fehlen aber die Zeit

Newspapers in German

Newspapers from Austria