Statt in die Freiheit
bahnhof werden Decken, Getränke und etwas Essbares für den Fall der Fälle hergerichtet, schildert man im Magistrat nach einer Sitzung mit Polizei und ÖBB.
Am Keleti-Bahnhof in Budapest verdichten sich unterdessen die Gerüchte, dass die Züge in Wirklichkeit gar nicht nach Österreich und Deutschland fahren. Ein weiterer ankommender Zug, der offiziell nach Györ unterwegs sein soll, wird von den Flüchtlingen gestürmt. Diesmal will die Polizei nicht sagen, wohin die Reise geht. Nur: „In Györ wird er auf jeden Fall stehen bleiben.“Aktivisten informieren die Flüchtlinge, dass auch dieser Zug für sie nur nach Bicske führt. Als er den Bahnhof verlässt, sind kaum Menschen an Bord.
Viele Migranten haben sich entschlossen, in die sogenannte Transitzone in der U-BahnUnterführung zurückzukehren, wo sie schon in den vergangenen Tagen ihr Lager aufgeschlagen haben und von der Hilfsorganisa- tion „Migration Aid“mit Wasser, Lebensmitteln und frischer Kleidung versorgt werden. Vorerst ist alles ruhig. Lediglich „I want to go to Germany. Help us, Angela Merkel“(Ich will nach Deutschland. Angela Merkel, hilf uns), prangert in Kreideschrift an einer grauen Steinwand.
Wenig später entlädt sich die Spannung. „Germany, Germany“, skandieren rund 100 junge Männer aufgebracht am Bahnhofsvorplatz. Die Polizei nimmt einmal mehr im Inneren des Gebäudes Aufstellung.
Auf die Gleise gelegt
Auch in Bicske kommt es zu Ausschreitungen. Die ungarische Polizei hat den Bahnhof abgeriegelt und zum Einsatzgebiet erklärt. Alle Medienvertreter werden zum Verlassen aufgefordert. Laut einem Reuters-Reporter setzt die Polizei auch Schlagstöcke ein, um Journalisten zu vertreiben. Flüchtlinge, die zum Aussteigen aus dem gestoppten Zug gezwun- gen werden, drängen zurück in die Wagen. Flüchtlinge, die sich auf die Gleise gelegt haben, um gegen ihren Transport in ein ungarisches Auffanglager zu protestieren, werden festgenommen. Dutzende Menschen fliehen. Die anderen Fahrgäste steigen in einen Ersatzzug um.
Viele Migranten hätten sich auch aufgemacht, um alternative Wege in den Westen zu finden, sagt ein Reporter. „Da die Züge nicht über die Grenze nach Österreich fahren, probieren sie es jetzt halt per Bus, mit Fahrrädern und manche sogar zu Fuß“, fügt er hinzu. Einige werden wohl wieder in den Kastenwägen der Schlepper landen.
Am frühen Nachmittag erwarten die ÖBB überhaupt keine Züge mit Flüchtlingen mehr. Rund 300 Migranten, darunter zahlreiche Frauen und Kinder, beginnen vor dem Keleti-Bahnhof in Budapest einen Sitzstreik. Sie fordern, nach Deutschland ausreisen zu können.