Sport statt Stau
Würde man die Österreicher nach ihren Lieblingsbeschäftigungen fragen, dann wäre das Im-StauStehen wohl eher am hinteren Ende der Liste zu finden. Trotzdem stauen wir im großen Stil, wie die aktuelle Sommerreiseverkehr-Staubilanz des ÖAMTC beweist.
Falls jemand den Stau als sonderbares Hobby für sich entdeckt haben sollte, hätte er die besten Chancen dafür in Salzburg und Tirol. Kärnten und die Steiermark befinden sich im Mittelfeld. Der Stau bildet sich am liebsten auf der Tauernautobahn (A 10), fühlt sich aber auch auf der Fernpass-Straße (B 179) und der Westautobahn (A 1) sehr wohl. Am ehesten lässt er sich auslösen durch Unfälle (39,3 Prozent) und Verkehrsüberlastung (38,8 Prozent).
Die gemeinen Straßenarbeiten stehen meist unter Generalverdacht, sind aber harmloser als gedacht – zu Staufällen wegen Baustellen kommt es nur zu acht Prozent. ielleicht sollten einfach mehr Sportübertragungen laufen. Dass im Vergleich zu heuer (484) die Zahl der Staus im Vorjahr (415) deutlich geringer war, liegt daran, dass es letztes Jahr auffallend wenig Reiseverkehr gegeben hat – wegen der Fußball-WM.
VSparsamst mengte sich bisher EU-Ratspräsident Donald Tusk in die Diskussion um eine Lösung des Flüchtlingsdramas ein. Sein Heimatland Polen ist auch kein bevorzugtes Zielland der Asylsuchenden. Die derzeit betroffenen Länder wie Österreich fordern eine europäische Lösung ein und drängen auf einen baldigen Sondergipfel. Vorerst scheint daraus nichts zu werden. Tusk ließ gestern ausrichten, er plane keine außertourliche Sitzung, das Thema Migration stehe ohnehin beim regulären Gipfel Mitte Oktober auf der Tagesordnung.
Natürlich sind wir jetzt sauer, dass dieser Ignorant die Dringlichkeit nicht erkennt, während wir in Österreich die ganze Tragweite dieser Tragödie vor Augen geführt bekommen haben. In den letzten Wochen jedenfalls. Tusk setzt freilich nur das fort, was wir begonnen haben. Jahrelang war es uns egal, dass über Italien eine Flüchtlingswelle schwappte. Weder Deutschland noch Österreich redeten einer Solidarität in der Union das Wort. Die Solidarität entdeckte man erst, als die beiden Länder selbst von der Welle erfasst wurden.
Das Thema Asyl stand zwar immer wieder in der EU zur Diskussion, aber auf ein gemeinsames Programm, gleiche Asylverfahren konnte man sich nur insofern einigen, als dies als fernes Ziel definiert wurde – obwohl mit Schengen ein gemeinsamer Binnenraum entstanden war. Mit dem 2013 geschaffenen Regelwerk Dublin III schienen sich Deutschland und Österreich elegant aus der Affäre gezogen zu haben. Schließlich waren künftig jene Staaten, über welche Asylsuchende die EU betraten, für Versorgung und Asylverfahren zuständig. Also in erster Linie Griechenland, Spanien, Italien, das kleine Malta. Wir glaubten uns fein heraußen, da wir, bis auf die Schweiz (aus der nur ganz wenige flüchten), von EUStaaten umgeben sind.
So wie wir über Jahre agierten, so tun es jetzt jene EUStaaten, die abseits des Flüchtlingsstroms liegen. Vielleicht wird man sich tatsächlich irgendwann auf eine Aufteilung der Flüchtlinge, auf eine Quotenregelung, einigen. Das bedeutet nicht, dass etwas eingehalten wird. Wie Dublin III. n der Finanzkrise fand sich die EU binnen weniger Tage zu Sondergipfeltreffen ein. In der Flüchtlingstragödie splittert sich die Union in Nationalstaaten auf. Und in Brüssel werkeln eine zaudernde Kommission und ein eher desinteressierter Ratspräsident. Es scheint, als ob der viel beschworene europäische Geist in den Brüsseler Geldschränken zu finden ist, und nur gesucht wird, wenn es Förderungen abzuholen gilt.
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