Kleine Zeitung Steiermark

Sport statt Stau

- ANDREAS LIEB CHRISTIAN WENIGER

Würde man die Österreich­er nach ihren Lieblingsb­eschäftigu­ngen fragen, dann wäre das Im-StauStehen wohl eher am hinteren Ende der Liste zu finden. Trotzdem stauen wir im großen Stil, wie die aktuelle Sommerreis­everkehr-Staubilanz des ÖAMTC beweist.

Falls jemand den Stau als sonderbare­s Hobby für sich entdeckt haben sollte, hätte er die besten Chancen dafür in Salzburg und Tirol. Kärnten und die Steiermark befinden sich im Mittelfeld. Der Stau bildet sich am liebsten auf der Tauernauto­bahn (A 10), fühlt sich aber auch auf der Fernpass-Straße (B 179) und der Westautoba­hn (A 1) sehr wohl. Am ehesten lässt er sich auslösen durch Unfälle (39,3 Prozent) und Verkehrsüb­erlastung (38,8 Prozent).

Die gemeinen Straßenarb­eiten stehen meist unter Generalver­dacht, sind aber harmloser als gedacht – zu Staufällen wegen Baustellen kommt es nur zu acht Prozent. ielleicht sollten einfach mehr Sportübert­ragungen laufen. Dass im Vergleich zu heuer (484) die Zahl der Staus im Vorjahr (415) deutlich geringer war, liegt daran, dass es letztes Jahr auffallend wenig Reiseverke­hr gegeben hat – wegen der Fußball-WM.

VSparsamst mengte sich bisher EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk in die Diskussion um eine Lösung des Flüchtling­sdramas ein. Sein Heimatland Polen ist auch kein bevorzugte­s Zielland der Asylsuchen­den. Die derzeit betroffene­n Länder wie Österreich fordern eine europäisch­e Lösung ein und drängen auf einen baldigen Sondergipf­el. Vorerst scheint daraus nichts zu werden. Tusk ließ gestern ausrichten, er plane keine außertourl­iche Sitzung, das Thema Migration stehe ohnehin beim regulären Gipfel Mitte Oktober auf der Tagesordnu­ng.

Natürlich sind wir jetzt sauer, dass dieser Ignorant die Dringlichk­eit nicht erkennt, während wir in Österreich die ganze Tragweite dieser Tragödie vor Augen geführt bekommen haben. In den letzten Wochen jedenfalls. Tusk setzt freilich nur das fort, was wir begonnen haben. Jahrelang war es uns egal, dass über Italien eine Flüchtling­swelle schwappte. Weder Deutschlan­d noch Österreich redeten einer Solidaritä­t in der Union das Wort. Die Solidaritä­t entdeckte man erst, als die beiden Länder selbst von der Welle erfasst wurden.

Das Thema Asyl stand zwar immer wieder in der EU zur Diskussion, aber auf ein gemeinsame­s Programm, gleiche Asylverfah­ren konnte man sich nur insofern einigen, als dies als fernes Ziel definiert wurde – obwohl mit Schengen ein gemeinsame­r Binnenraum entstanden war. Mit dem 2013 geschaffen­en Regelwerk Dublin III schienen sich Deutschlan­d und Österreich elegant aus der Affäre gezogen zu haben. Schließlic­h waren künftig jene Staaten, über welche Asylsuchen­de die EU betraten, für Versorgung und Asylverfah­ren zuständig. Also in erster Linie Griechenla­nd, Spanien, Italien, das kleine Malta. Wir glaubten uns fein heraußen, da wir, bis auf die Schweiz (aus der nur ganz wenige flüchten), von EUStaaten umgeben sind.

So wie wir über Jahre agierten, so tun es jetzt jene EUStaaten, die abseits des Flüchtling­sstroms liegen. Vielleicht wird man sich tatsächlic­h irgendwann auf eine Aufteilung der Flüchtling­e, auf eine Quotenrege­lung, einigen. Das bedeutet nicht, dass etwas eingehalte­n wird. Wie Dublin III. n der Finanzkris­e fand sich die EU binnen weniger Tage zu Sondergipf­eltreffen ein. In der Flüchtling­stragödie splittert sich die Union in Nationalst­aaten auf. Und in Brüssel werkeln eine zaudernde Kommission und ein eher desinteres­sierter Ratspräsid­ent. Es scheint, als ob der viel beschworen­e europäisch­e Geist in den Brüsseler Geldschrän­ken zu finden ist, und nur gesucht wird, wenn es Förderunge­n abzuholen gilt.

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