Schweigender Flüchtlingskommissar
Der Grieche Dimitris Avramopoulos ist in der Großkrise auffallend still.
Die Feststellung klingt banal. „Kein EU-Staat kann die Herausforderung der Migration alleine lösen“, hat EUKommissar Dimitris Avramopoulos Mitte August erklärt. Seither ist viel geschehen, doch Europa schweigt. Auch Avramopoulos. Der griechische Christdemokrat gibt mitten in der zweiten europäischen Großkrise den zaudernden Zaungast. Der 62-Jährige ist als Innenkommissar für die Flüchtlingspolitik verantwortlich. Eine Herausforderung angesichts Hunderttausender, die gerade durch Europa ziehen.
Der Mann reist selbst viel, heute etwa kommt er nach Wien. Der Grieche könnte in dieser Krise an Statur gewinnen. Doch er bleibt merkwürdig blass. Und so ist es kein Zufall, dass er in Brüssel selten allein auf die Bühne tritt. Meist wird er flankiert von VizeKommissionspräsident Frans Timmermans, dem Oberaufpas- phe seit dem Zweiten Weltkrieg“spricht er. Zurückhaltend war Avramopoulos in Brüssel aufgenommen worden, der Ex-Diplomat war Bürgermeister in Athen, Außen- und Verteidigungsminister. Ein Sicherheitspolitiker als Flüchtlingskommissar? Das weckte Unmut. Aber er überraschte seine Kritiker und legte im April einen ehrgeizigen Plan vor. Eine verpflichtende Quote sollte Asylsuchende gerechter auf die EU-Staaten verteilen. Aber vor allem osteuropäische Staaten blockierten. Mehr Solidarität mahnt der deutsche Innenminister Thomas de Maizière an. Das hehre Wort klingt aus Berlin für manche in Europa seltsam. Zu sehr haben Merkel und Schäuble in der Euro-Krise durchregiert. „Das Flüchtlingsproblem lässt sich nicht allein mit Geld lösen“, kontert Avramopoulos. Das ist der Unterschied zur ersten Krise.