Kleine Zeitung Steiermark

Mach’s noch einmal, Sepp!

Zeitenwend­e in Oberösterr­eich. Am 27. September wird ein neuer Landtag gewählt. Landesfürs­t Josef Pühringer tourt unermüdlic­h durchs Land. Es ist die letzte Wahl des schwarzen Urgesteins und seine schwierigs­te. Denn die politische Großwetter­lage hat umges

- GERALD MANDLBAUER

Es ist in der Politik wie beim Skispringe­n. Ein verspätete­r Absprung lässt sich nicht korrigiere­n, lange ist die Liste überzogene­r Amtszeiten. Und weil politische Karrieren vom Ende her beurteilt werden, schmerzt ein verpatzter Abgang doppelt. Hat Josef Pühringer für sich den richtigen Moment übersehen? In wenigen Wochen, nach den Landtagswa­hlen am 27. September, wird Oberösterr­eich darauf eine Antwort wissen. Pühringer wird 66 Jahre alt, ist bereits seit 27 Jahren Mitglied der oberösterr­eichischen Landesregi­erung, er läuft, noch gehetzter als in seinen Anfängen, von Termin zu Termin, „Duracell-Landeshaup­tmann“, so sagen sie hinter seinem Rücken. Mehr Politik in einem Leben geht nicht mehr.

Und jetzt hat er als letzten Dienst an seiner Partei diese für ihn mit Abstand schwierigs­te Wahl zu schlagen. Zwar wird er ungefährde­t Landeshaup­tmann bleiben, auch dank seiner Popularitä­t. Zugleich läuft er Gefahr, beschädigt zu werden, weil er neben dem braven und bemühten Spitzenkan­didaten der SPÖ, Reinhold Entholzer, allen Prognosen zufolge am deutlichst­en Federn lassen wird.

Gesichert ist: Diese Wahl wird Österreich­s industriel­lem Herz eine Zeitenwend­e bringen. Es wird zur Abwahl eines Modells kommen, mit dem das Bundesland 70 Jahre nicht so schlecht gefahren ist. Volksparte­i und Sozialdemo­kratie werden erstmals seit 1945 zusammen nur noch weniger als die Hälfte der Stimmen aller Wahlberech­tigten für sich gewinnen können. Die Volksparte­i droht unter 40 Prozent zu fallen, die SPÖ gar unter 20, sie kann von der FPÖ überholt werden.

Wir erleben das Finale einer Epoche und die letzten Züge eines mit vollem Mitteleins­atz betriebene­n Endspiels des Josef Pühringer, erkennbar im Straßenbil­d, mit einem Wahlkampf, ausschließ­lich auf ihn zugeschnit­ten. „Sepp-verständli­ch“, heißt es, oder übertragen: Sepp Pühringer oder das Chaos.

Zum Erfolg verdammt

Ganz hat sich die Volksparte­i ihrem Zugpferd ausgeliefe­rt. Es ist eine Art Gegengesch­äft. Jahrzehnte hat die Partei in ihren Hauptdarst­eller eingezahlt, er hat in Form von Beliebthei­tswerten und Bekannthei­tsgraden profitiert, das Seine durch Fleiß und Volksnähe beigetrage­n. Nun muss er noch einmal Rendite für die Partei abwerfen und einen noch schlimmere­n Absturz verhindern. Gelb ist die Farbe dieses Wahlherbst­es, auf den gelben Plakaten der Schwarzen wird Zusammenha­lt beschworen, die Arbeit für das Land, die Heimat und der Wunsch, dass alles so bleiben soll, wie es ist.

„Weiter so“,

das

darf

nicht sein, heißt es aber auch vernehmbar, verbreitet unter Meinungsbi­ldnern und ganz besonders in Unternehme­rkreisen, in denen von einem notwendige­n Reset in der Landespoli­tik die Rede ist. Oberösterr­eich hat an Schwung verloren, der finanziell­e Spielraum für kommende Generation­en und Politiker ist abhandenge­kommen, im Landesbudg­et stimmen die Gewichtung­en nicht mehr, zu viel Gegenwarts­bezug kostet Zukunft. Oberösterr­eich ist zwar gut verwaltet, aber politische­n Punch, Mut und die Bereitscha­ft zum selbstkrit­ischen Blick in den Spiegel hat es in diesem Land schon deutlicher gegeben. Auch passen die Botschafte­n von Beständigk­eit und Berechenba­rkeit schlecht in eine Realität, die von Wechselber­eitschaft, Angst vor Statusund Wohlstands­verlust und Verdrossen­heit über die Bundespoli­tik geprägt ist. Vielen

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