Kleine Zeitung Steiermark

Warum Fischers Besuch in Teheran wichtig war

Ohne den Iran gibt es keinen Frieden in Syrien.

- MICHAEL JUNGWIRTH

Die Tinte unter dem Abkommen war nicht trocken, da rief Bundespräs­ident Heinz Fischer bereits bei seinem iranischen Amtskolleg­en Rohani an, um den Wunsch nach einem baldigen Staatsbesu­ch zu deponieren. Dem Wunsch wurde umgehend entsproche­n. Fischer ist das erste westliche Staatsober­haupt seit 2004, das in Begleitung einer gewaltigen Wirtschaft­sdelegatio­n Teheran aufsucht.

Im Wettrennen um lukrative Aufträge in dem seit Jahren von Sanktionen gebeutelte­n Riesenmark­t von bald 80 Millionen Menschen haben heimische Firmen – auch deshalb – sehr gute Karten. Aber ist das nicht ein moralisch verwerflic­hes Unterfange­n? Der Iran leugnet das Existenzre­cht Israels, unterstütz­t terroristi­sche Organisati­onen, verfolgt eine zweifelhaf­te Außenpolit­ik, schert sich keinen Deut um die Menschenre­chte, vertritt einen fundamenta­listischen Islam.

Die Einwände sind mehr als berechtigt. Nur: Würde Österreich als Exportnati­on lediglich mit lupenreine­n Demokratie­n Handel treiben, müssten reihenweis­e Firmen ihre Pforten schließen und wären ungleich mehr Österreich­er von Arbeitslos­igkeit bedroht. Noch dazu gingen in Österreich die Lichter aus, käme die Produktion zum Erliegen: Österreich importiert fast sein gesamtes Öl und Gas aus menschenre­chtlichen Schurkenst­aaten.

Dass Fischer in den Iran eilt, entspringt nicht nur ökonomisch­em Kalkül. Nach dem Atomdeal wurde Teheran von einer unglaublic­hen Aufbruchss­timmung erfasst. Mit dem wirtschaft­lichen Aufschwung verknüpfen viele Iraner, vor allem auch der Westen die Hoffnung, dass die gemäßigten Kräfte im Land die Oberhand bekommen. Ein berechenba­rer Iran ist alle- mal wünschensw­erter als ein in die Isolation gedrängtes Land, das wild um sich schlägt.

Spätestens seit dem Flüchtling­sansturm am Wochenende sollte dem letzten Österreich­er klar geworden sein, dass man gelegentli­ch auch Deals mit fragwürdig­en Partnern eingehen muss. Der Iran spielt eine Schlüsselr­olle bei der Überwindun­g des mörderisch­en Kriegs in Syrien. Ohne Teheran werden dort nie die Waffen schweigen. Ohne Einbindung des Iran und der nicht minder problemati­schen Saudis und Russen wird die Ursache für den Massenexod­us nie beseitigt werden. Dass Außenminis­ter Kurz nun auch Assad, den syrischen Schlächter, einbinden will, entspringt einer schmerzlic­hen Erkenntnis. in so umstritten­er Staatsbesu­ch erfordert viel politische­s Fingerspit­zengefühl. Fischer, dem Vizekanzle­r und dem Außenminis­ter ist diese Gratwander­ung geglückt.

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